Volksweise
Es ist nicht so, als fühlte sich die Muse, als ob sie sich in ihren Muschelschalen verschlösse,
es ist mehr so, als wäre es höchste Zeit für des Burschen letztes Nickerchen.
Und die mit dem Schal winkende Dirne, die ihm das Beste wünschte, fährt ihm mit einer Dampfwalze über den Brustkasten.
Und die Worte wollen nicht aufsteigen, weder wie jene Stange noch wie Holzblöcke, die sich zusammenfügen für den süßen Verfall ihrer alten Grotte,
und, wie Eier in der Bratpfanne, vergießt das Gesicht seine Augen über den ganzen Kissenbezug.
Fühlst du dich heute nacht warm unter jenen sechs Schleiern
in der Mulde von dir, deren gespannter Grund ein Klagelied singt;
wo wie Fische, die bei dem ausländischen Blau ins Japsen kommen,
meine derbe Lippe im Begriff war, etwas zu erhaschen, das in dem Moment du warst?
Ich wünschte, ich hätte eines Hasen Ohren an meinen Glatzkopf angenäht,
im dichten Wald würde ich dir zuliebe Tropfen aus Blei schlucken
und von schwarzen, verknorzten Aststümpfen in dem ölglatten Teich würde ich vor deinem Gesicht auftauchen
als wie es kein Schlachtschiff wie die Tirpitz besser tun könnte.
Es steht aber nicht auf den Karten oder auf des Kellners Tablett,
und es schmerzt, es dort auszusprechen, wo einem die Haare ergrauen.
Es finden sich mehr blaue Venen als das Blut ein, um deren ausgetrocknetes Geflecht anschwellen zu lassen, ganz zu schweigen von irgendeiner entfernten Gehirnzelle.
Wir sind dabei, für immer auseinanderzugehen, meine Freundin, soviel steht fest.
Zeichne einen leeren Kreis auf deinen gelben Notizblock.
Der werde ich sein: nichts drinnen, das verzückt wäre.
Fixier ihn eine Weile, dann radiere die Kritzelei aus.
Ein Gedicht des sowjetrussischen Übersetzers und Dichters Joseph Brodsky (1940 - 1996) aus Leningrad, der, nachdem er mitte der 1960er Jahre einige Zeit wegen "gesellschaftlichen Schmarotzertums" in einem Lager in Archangelsk zugebracht hatte, am 4. Juni 1972 in den Westen kam, und fortan in England und in den USA lebte und wirkte — in einer Übersetzung ins Deutsche von mir
Erhard Hans Josef Lang
es ist mehr so, als wäre es höchste Zeit für des Burschen letztes Nickerchen.
Und die mit dem Schal winkende Dirne, die ihm das Beste wünschte, fährt ihm mit einer Dampfwalze über den Brustkasten.
Und die Worte wollen nicht aufsteigen, weder wie jene Stange noch wie Holzblöcke, die sich zusammenfügen für den süßen Verfall ihrer alten Grotte,
und, wie Eier in der Bratpfanne, vergießt das Gesicht seine Augen über den ganzen Kissenbezug.
Fühlst du dich heute nacht warm unter jenen sechs Schleiern
in der Mulde von dir, deren gespannter Grund ein Klagelied singt;
wo wie Fische, die bei dem ausländischen Blau ins Japsen kommen,
meine derbe Lippe im Begriff war, etwas zu erhaschen, das in dem Moment du warst?
Ich wünschte, ich hätte eines Hasen Ohren an meinen Glatzkopf angenäht,
im dichten Wald würde ich dir zuliebe Tropfen aus Blei schlucken
und von schwarzen, verknorzten Aststümpfen in dem ölglatten Teich würde ich vor deinem Gesicht auftauchen
als wie es kein Schlachtschiff wie die Tirpitz besser tun könnte.
Es steht aber nicht auf den Karten oder auf des Kellners Tablett,
und es schmerzt, es dort auszusprechen, wo einem die Haare ergrauen.
Es finden sich mehr blaue Venen als das Blut ein, um deren ausgetrocknetes Geflecht anschwellen zu lassen, ganz zu schweigen von irgendeiner entfernten Gehirnzelle.
Wir sind dabei, für immer auseinanderzugehen, meine Freundin, soviel steht fest.
Zeichne einen leeren Kreis auf deinen gelben Notizblock.
Der werde ich sein: nichts drinnen, das verzückt wäre.
Fixier ihn eine Weile, dann radiere die Kritzelei aus.
Ein Gedicht des sowjetrussischen Übersetzers und Dichters Joseph Brodsky (1940 - 1996) aus Leningrad, der, nachdem er mitte der 1960er Jahre einige Zeit wegen "gesellschaftlichen Schmarotzertums" in einem Lager in Archangelsk zugebracht hatte, am 4. Juni 1972 in den Westen kam, und fortan in England und in den USA lebte und wirkte — in einer Übersetzung ins Deutsche von mir
Erhard Hans Josef Lang
libidopter - 20. Sep, 15:17