23
Aug
2009

Das Haus der sich ausästelnden Liebe

Ein neuer Film von Mika Kaurismäki verbindet die schwarze Komödie einer Beziehungsgeschichte mit einem spannenden Krimi.

"Wenn man entsprechend lange Zeit vor sich selbst geflohen ist, verhält man sich wie die kleinen Kinder. Übermächtige Gefühle haben sich über lange Zeit angestaut, und wenn diese dann dazu übergehen, sich abzubauen, liegt darin ein Stoff für eine große Tragödie", sinniert Elina Knihtilä, die im neuen Film von Mika Kaurismäki in der zweiten Hauptrolle die Tuula spielt.

Das am vergangenen Freitag in Finnland erstmals in den Kinos vorgeführte 'Das Haus der sich ausästelnden Liebe' (
haarautuvan rakkauden talo) erzählt von einem Ehepaar, das die gepflegt kultivierte Ehescheidung ausprobiert. Bald artet das gemeinschaftliche Wohnen im zum Verkauf anstehenden Familieneigenheim zu einem bösen Spiel aus, in dem es darum geht, Rache zu üben und den anderen zu verletzen, bei dem die Skelette in den Kleiderschränken klappern und die Glanzschicht an der Oberfläche des gesitteten Benehmens blitzgeschwind abgeblättert ist.

Das Beziehungsdrama ist mit humorvollen Einlagen und mit einem zu den Abwegen des organisierten Verbrechens
einen Abstecher machenden Nebenverlauf der Geschichte gewürzt. So ist der den Ehemann Juhani darstellende Hannu-Pekka Björkman sich seiner Sache nicht ganz sicher, unter welches Genre das Haus der sich ausästelnden Liebe fällt. Am nächstliegendsten kommt ihm die schwarze Komödie in den Sinn.

"Als ich zum ersten Mal das Drehbuch durchgelesen hatte, war ich gar richtig durcheinandergeraten, dachte mir: ohoh, wie soll man denn damit zu Rande kommen, sind da nicht zuviele Verdrehungen in dem Ablauf der Geschichte drin, so daß man kaum mehr mithalten kann. Man muß jedoch zum Regisseur und zur Schauspielertruppe Vertrauen fassen".

Petri Karra, der den Roman, auf dem der Film gründet, als sein Erstlingswerk geschrieben hat, erzählt, daß er gewisse Themen auf unterhaltsame und lesenswerte Art und Weise durchziehen wollte.

"Auf der Verbrechensseite wollte ich verschiedene menschliche Beziehungen widerspiegeln, zum Beispiel den Krieg der Generationen und der Geschlechter konkretisieren. Das zentrale Thema ist eines, worauf man immer wieder zurückkommt: wie von Generation zu Generation die gleichen Fehler wiederholt werden. Die geordnete, gepflegte Fassade bricht ein, und plötzlich kommen dann auch die tieferen, chaotischeren Kräfte ins Bild."

Für Knihtilä bot die in verschiedene Richtungen sich verästelnde Rahmenhandlung eine Gelegenheit, recht vielseitig als Schauspielerin auftreten zu können.

"Es war ganz amüsant, den Film zu drehen, da es darin so vielerlei darzustellen gibt. Wirklich kein eindimensionales Herumgemache, oder daß der Film einzig zu einem Herumtollen zwischen uns beiden geworden wäre."

Regisseur Mika Kaurismäki, interessierte sich bereits für den Roman, als daran noch geschrieben wurde.

"Der Roman war beträchtlich breiter angelegt als hier. Manche Zwischenfälle, die im Spielfilm mit dabei sind, kommen hingegen nicht im Buch vor, da diese der Verleger bei Gummerus herausgeschnitten hatte", erzählt der Schriftsteller.

Vor dessen Buchdebüt sind Filmdrehbücher aus der Feder von Karra gekommen, die Leinwandversion des Hauses der sich ausästelnden Liebe ist aber in der Hauptsache die Arbeit anderer.

"Meines Erachtens wirft er ein gutes Bild ab. Ich kann nur schwer etwas dazu sagen: der eigene Roman steht einem so nah, daß man wie mit Blindheit geschlagen ist."

Björkman, der das Endresultat erst ein Mal gesehen hat, ist voll des Lobes für den Regisseur und seine Schauspielerkontrahentin.

"Wenngleich anfangs das Drehbuch sogar etwas unbehauen wirkte, war es unter der erfahrenen Hand von Mika Kaurismäki ein leichtes, das ganze hinzukriegen. Mit Elina hatte ich früher in einem gewissen Umfang bereits geschauspielert und ich wußte, daß Elina es wirklich krachen lassen kann. In den Streitszenen konnte man nicht anders, als alles, was man nur aufbieten kann, ins Spiel einzubringen, so daß daraus auch etwas Ordentliches würde. Elina ist eine derart starke, glänzende Gegenspielerin."

Auch Knihtilä erzählt, daß ihr die sichere Atmosphäre bei den Dreharbeiten sehr zugesagt hat.

"Mit Hannu-Pekka fällt es einem leicht, zusammen in einem Film aufzutreten, und
als Gegenschauspieler hat er mir sehr viel gebracht. Zugleich schuf der Regisseur eine Atmosphäre, in der man mit gewissen Dingen auch experimentieren kann - meinetwegen in Szenen eines Wutanfalls überlegen kann, ob sich dieses nun in einem Film so machen läßt, oder ob es nicht doch zu weit in Richtung Theaterspiel ginge."

Für
das Auffahren von theatralen Stilmitteln blieb jedoch ebenso Raum. Wie auch in vielen anderen Filmen, Büchern und Fernsehserien ereignet sich die Beziehungshölle des Hauses der sich ausästelnden Liebe in einem wohlhabenden Eigenheim am Meeresstrand. Das Geld und ein Klassenausflug stehen laut Karra jedoch nicht im Zentrum der Geschichte, sondern er wollte mit dem Milieu eine Bühnenhaftigkeit betonen.

"In gewissem Sinn lassen Juhani und Tuula ihr eigenes Leben Revue passieren, und dies passiert doch in der Welt draußen auch im richtigen Leben. Mir war es wichtig, daß das Haus ein nahezu aquariummäßig durchsichtiger Raum sein würde, und das Meer wiederum bringt als etwas naturgegeben Symbolträchtiges vielleicht ein Element der Sexualität und mutterlicher Instinkte ein."


Das gegenseitige sich Hassen von Tuula und Juhani im Haus der sich ausästelnden Liebe gerät aus der Hand, als Juhani für ein weiteres eine in einer Bar angebaggerte Frau mit in die gemeinsame Wohnung der ex-Eheleute mitbringt. Daraus ergibt sich eine auf originelle Art triumphierende Schraube der Rache, im Zuge von welcher der gedemütigte Gatte mit Hilfe seines Stiefbruders Wolff eine Strichamsel anheuert, die dessen Freundin spielen soll. Ausgerechnet ist genau diese jedoch in das Verschwindenlassen von Lohngeldern verwickelt, aus welchem Grunde auch deren Chefin Yrsa am Aufenthaltsort des Mädchens interessiert ist. Von Letztgenannter stellt sich heraus, daß sie zugleich auch die Mutter von Tuula ist.

Das Belustigende des Films gründet sich stellenweise auch auf schon abgedroschenen Witzvorlagen, wie darauf, daß der erfolglose Ehemann natürlich selbst seines Zeichens Beziehungsberater ist. Den erquicklichsten Beitrag der Geschichte liefern unbedingt die von Tuula und Juhani untereinander geführten Wortwechsel und die Eifersuchtsszenen. Insbesondere das Herumgealbere von Juhani bringt den Zuschauer unversehens dazu, laut aufzulachen. Unweigerlich hat man über solche alltägliche Begebenheiten zu lachen. Die Chemie der zwei Charakterdarsteller spielt aber auch ausgezeichnet zusammen in den ernsteren Szenen: eine kurze Diskussion bezüglich der letztendlichen Ursache für die Krise der Rollenfiguren ruft in ihrer Intensivität gar den Klassiker 'Wer fürchtet sich vor Virginia Woolf?' von 1966 in Erinnerung, der die Hölle einer Beziehung äußerst rühmlich porträtierte.


Die wunden Punkte der flügellahmen Ehe kommen in gewisser Weise in der Kinderlosigkeit des Paares am schärfsten zum Ausdruck.

"Ich dachte mir, die Beziehung der beiden in irgendeiner vom Verlauf der Geschichte her klarumrissenen Angelegenheit zu verdichten, sicherlich ist aber noch ein größerer Wust von anderen Sachen auch mit drin", stellt Karra heraus.

Als ein noch zentraleres Thema sieht der Schriftsteller die sich verändernden Geschlechterrollen an.

"Dies wird daran ersichtlich, daß Juhani derjenige ist, der sexuell viel lustloser ist und sich ein Kind wünscht."

"Die Tuula wirkt nach außen hin vielleicht als sehr kalt und dickhäutig. Sie hat viel für ihren Beruf getan und vielleicht teilweise auch Dinge aufgeopfert, zugleich aber auch sich selbst nicht mehr richtig im Griff gehabt und es versäumt, mit dem eigenen Ehemann zu leben. Tuula stößt, ob sie es nun will oder nicht, auf wunde Punkte, an denen sie bewußt nicht rühren hatte wollen," wie Elina Knihtilä ihre Figur analysiert.

Sie erzählt, daß sie gerne Rollen wie die der Tuula spielt, die sie als "nicht so sympathisch" charakterisiert.

"Oft sind diese interessanter und vielschichtiger als die sympathischen Personen. Bei jenen wird man dazu herausgefordert, deren eigentlichen Wesenskern herauszufinden, so daß das Publikum in der Lage ist, sich mit ihnen zu identifizieren."

Hannu-Pekka Björkman wiederum bezeichnet seinen Juhani als einen recht gewöhnlichen Finnen.

"Er ist sehr einfühlsam, macht seine Arbeit gut, ist aber kein Prophet im eigenen Land. Er ist sensibel und schüchtern."

Ein lustiger Zufall ist es, daß Karra, wie er erzählt, bereits an Björkman dachte, als er den Juhani kreierte. Der Schauspieler bekennt auch selbst gemeinsame Züge.

"Der Juhani steht meinem eigenen Charakter ziemlich nahe, für den mußte ich mich nicht irgendwie schrecklich verkünsteln."

Mika Kaurismäki, der als Regisseur in der Vergangenheit oft im Schatten seines jüngeren Bruders Aki gestanden war, nichtsdestotrotz aber etliche Filme, die als Klassiker eingestuft werden können, gedreht hat (Leute ohne Werte [1982], Rosso [1985], Ein Zombie und der Gespensterzug [1991], sowie L.A. without a Map [1998]), hat, seitdem er seit 1992 in Brasilien gelebt hat, in erster Linie Regie geführt für Dokumentarfilme, die sich mit seinem neuen Heimatland und mit dessen Musik auseinandersetzten, bis daß er im letzten Jahr mit dem Werk 'Die drei weisen Männer' (2008), das durch seinen improvisierenden Stil Aufsehen erregte, in die Landschaft Skandinaviens zurückkehrte.
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