Ein gesunder Bürgeraktivismus bringt die Dinge in Bewegung, die eine bessere Welt erstehen lassen
Verändere die Welt!
(ein Beitrag aus dem Heft vom Juni 2007 des finnischen Untergrund-Blattes Voima, übersetzt aus dem Finnischen)
Nach Anschauung von einigen ist jedem seine eigene Welt gegeben, die
ganz aus eigenen Stücken heraus verändert werden kann. Müßig, sich um
eine andere zu kümmern. Oder wenn man es schon tun muß, so soll sich die
Welt draußen nach seiner inneren richten. Solche, die mehr politisch
ausgerichtet sind, denken hingegen, daß man die Welt verändern kann und
soll, indem man wählt oder selber in Vertrauenspositionen geht. Laut
ihnen sind der Menschen persönliche Erfahrungen der Existenz Ergebnisse der
Produktionsverhältnisse der Gesellschaft, und nichts anderes.
Andere wiederum, die die Welt aus dem Blickwinkel der Wirtschaft
betrachten, denken ihrerseits, daß sich die Welt verändert, indem investiert
und konsumiert wird. Man entscheidet sich für den Konsum von bestimmten
Gütern und für Investitionen, wobei man den eigenen Vorteil maximiert,
woraus sich in der Nebenfolge das Gemeinwohl in Form von
Produktionseffizienz, Arbeitsplätzen und einer Fülle von Waren und Dienstleistungen
ergibt. Für den Staat besteht höchstens Bedarf in dessen Rolle als
Schiedsrichter oder Nachtwächter.
Und wie steht es um die sogenannten Aktivisten? Diese möchten die Welt
gerne verändern, die Politik der Parteien scheint ihnen aber nicht zu
greifen, der Staat macht ihnen einen korrupten Eindruck, die
Unternehmerwelt empfinden sie als blind gegenüber der Gesellschaft und die Macht
des Verbrauchers am Rande der Spielwiesen des Supermarkts sehen sie als
oberflächlich-nichtig an. Deshalb versucht der Aktivist, die Politik an
die Wurzeln zurückzuführen: er läßt sie zu einer Ambition des
Individuums werden, durch schieres Diskutieren auf die Anschauungen der anderen
Individuen einen Einfluß zu nehmen.
In einem gewissen Sinne hat der Aktivist gar keine Macht. Er kann die
Zielrichtung, wohin die Gesellschaft sich aufmacht, nicht durch Geld
anschaffen gehen, auch nicht durch ein Gesetz verordnen. Trotzdem verfügt
er über eine sanfte Macht, denn die Erfahrensweise der Existenz, die
Sichtweise und die Meinungen verändern sich immer zuerst - sogar ein
Marxist, der immerzu von der Unabwendbarkeit äußerer Fakten ansonsten
faselt, denkt, daß eine Befreiung des Proletariats mit einer Veränderung des
Bewußtseins einhergehen kann. Erst muß einmal das Denken der Menschen
in Bewegung geraten und durch die Köpfe ein Ruck gegangen sein, bevor
es in der Praxis zu einem Handeln kommen kann, Verträge abgeschlossen
und die Buchstaben des Gesetzes neu geformt werden.
Dem Aktivismus kommt durchaus eine gewisse Bedeutung zu - dieser
Anschauung war auch der Betreiber eines Werbebüros, der viel auf Aktivisten
und Konsumenten hält - weniger auf Normalbürger. Als ich mit ihm über
die Bedeutung des Staates debattierte, fragte er: "Wenn ein Mensch als
Verbraucher nicht fähig ist, sich richtig zu entscheiden, wie kann er
dann beim Wählen die richtige Entscheidung treffen?"
Ich machte einen Versuch, darauf zu antworten: "Beim Einkaufen ist der
Mensch in der Rolle des Verbrauchers, beim Wählen in der des
Staatsbürgers. Die erstere ist von ihrem Ausgangspunkt eine eigensinnigere Rolle,
in ihr ist der Mensch in erster Linie um seinen eigenen Vorteil
bemüht, während andererseits in der letzteren er einen Abstand zum
unmittelbaren eigenen Vorteil wahrt und es ihm so möglich ist, sich für das
Allgemeinwohl stark zu machen."
Anders herum gesagt: Der Mensch findet es als schwer, aus eigener
Initiative heraus auf sein privates Autofahren zu verzichten, obwohl es ihm
bewußt ist, daß dasselbige für Natur und Wohlbefinden der Menschen ein
destruktives Handeln darstellt. Der Grund, um vom moralischen
Standpunkt her ein gutes Gewissen zu haben, und das Wissen darum, daß es nicht
nur der Natur, sondern auch der Spezies Mensch auf die lange Sicht von
1000 Jahren gutes tut, sorgen allein für keinen starken Anreiz.
Viel leichter fällt es da dem Menschen, jemanden in einen Ausschuß, in
die Volksvertretung, in das EU-Parlament hineinzuwählen, um Steuern für
die Schadensaufkommen zu verordnen, und die Städteplanung in eine
solche Richtung zu lenken, die alle Bürger dazu zwingt oder dazu verleitet,
die Autofahrerei zu verringern - in eine Richtung also, die die
uneigennützigen, vernünftigen Resolutionen, mit den nächsten 1000 Jahren im
Blickwinkel, hier und jetzt leicht fallen und auch vom eigenen
Standpunkt her als lohnend erscheinen lässt.
Auf den Aktivisten und den aufgeweckten Verbraucher sollte man jedoch
nicht allzusehr zählen, denn zwischen dem guten Willen und guten Taten
klafft stets ein gewaltiger Abgrund. Sich etwas nur bewußt zu machen,
reicht nicht aus.
Die Welt wird sich nicht dadurch verändern, daß die Menschen angefangen
haben, das, was in ihr vorherrscht und das, was mit ihr möglich wäre,
mit anderen Augen zu betrachten. Oft bedarf es eines Anreizes oder
eines Zwanges, um den Menschen dazu zu bringen, über den Abgrund
hinwegzuspringen. Oft muß der Zwang von außen her kommen, Selbstdisziplin reicht
nur selten aus. Aus diesem Grunde ist ein Staatsapparat, der Beschlüsse
und Gesetze verfasst, die einen jeden Bürger binden, unersetzbar. Der
Staat ist das gemeinsame Vehikel der Menschen, um in der Gruppe klüger
beraten zu sein als es der Einzelne allein sein könnte.
Teemu Mäki
(ein Beitrag aus dem Heft vom Juni 2007 des finnischen Untergrund-Blattes Voima, übersetzt aus dem Finnischen)
Nach Anschauung von einigen ist jedem seine eigene Welt gegeben, die
ganz aus eigenen Stücken heraus verändert werden kann. Müßig, sich um
eine andere zu kümmern. Oder wenn man es schon tun muß, so soll sich die
Welt draußen nach seiner inneren richten. Solche, die mehr politisch
ausgerichtet sind, denken hingegen, daß man die Welt verändern kann und
soll, indem man wählt oder selber in Vertrauenspositionen geht. Laut
ihnen sind der Menschen persönliche Erfahrungen der Existenz Ergebnisse der
Produktionsverhältnisse der Gesellschaft, und nichts anderes.
Andere wiederum, die die Welt aus dem Blickwinkel der Wirtschaft
betrachten, denken ihrerseits, daß sich die Welt verändert, indem investiert
und konsumiert wird. Man entscheidet sich für den Konsum von bestimmten
Gütern und für Investitionen, wobei man den eigenen Vorteil maximiert,
woraus sich in der Nebenfolge das Gemeinwohl in Form von
Produktionseffizienz, Arbeitsplätzen und einer Fülle von Waren und Dienstleistungen
ergibt. Für den Staat besteht höchstens Bedarf in dessen Rolle als
Schiedsrichter oder Nachtwächter.
Und wie steht es um die sogenannten Aktivisten? Diese möchten die Welt
gerne verändern, die Politik der Parteien scheint ihnen aber nicht zu
greifen, der Staat macht ihnen einen korrupten Eindruck, die
Unternehmerwelt empfinden sie als blind gegenüber der Gesellschaft und die Macht
des Verbrauchers am Rande der Spielwiesen des Supermarkts sehen sie als
oberflächlich-nichtig an. Deshalb versucht der Aktivist, die Politik an
die Wurzeln zurückzuführen: er läßt sie zu einer Ambition des
Individuums werden, durch schieres Diskutieren auf die Anschauungen der anderen
Individuen einen Einfluß zu nehmen.
In einem gewissen Sinne hat der Aktivist gar keine Macht. Er kann die
Zielrichtung, wohin die Gesellschaft sich aufmacht, nicht durch Geld
anschaffen gehen, auch nicht durch ein Gesetz verordnen. Trotzdem verfügt
er über eine sanfte Macht, denn die Erfahrensweise der Existenz, die
Sichtweise und die Meinungen verändern sich immer zuerst - sogar ein
Marxist, der immerzu von der Unabwendbarkeit äußerer Fakten ansonsten
faselt, denkt, daß eine Befreiung des Proletariats mit einer Veränderung des
Bewußtseins einhergehen kann. Erst muß einmal das Denken der Menschen
in Bewegung geraten und durch die Köpfe ein Ruck gegangen sein, bevor
es in der Praxis zu einem Handeln kommen kann, Verträge abgeschlossen
und die Buchstaben des Gesetzes neu geformt werden.
Dem Aktivismus kommt durchaus eine gewisse Bedeutung zu - dieser
Anschauung war auch der Betreiber eines Werbebüros, der viel auf Aktivisten
und Konsumenten hält - weniger auf Normalbürger. Als ich mit ihm über
die Bedeutung des Staates debattierte, fragte er: "Wenn ein Mensch als
Verbraucher nicht fähig ist, sich richtig zu entscheiden, wie kann er
dann beim Wählen die richtige Entscheidung treffen?"
Ich machte einen Versuch, darauf zu antworten: "Beim Einkaufen ist der
Mensch in der Rolle des Verbrauchers, beim Wählen in der des
Staatsbürgers. Die erstere ist von ihrem Ausgangspunkt eine eigensinnigere Rolle,
in ihr ist der Mensch in erster Linie um seinen eigenen Vorteil
bemüht, während andererseits in der letzteren er einen Abstand zum
unmittelbaren eigenen Vorteil wahrt und es ihm so möglich ist, sich für das
Allgemeinwohl stark zu machen."
Anders herum gesagt: Der Mensch findet es als schwer, aus eigener
Initiative heraus auf sein privates Autofahren zu verzichten, obwohl es ihm
bewußt ist, daß dasselbige für Natur und Wohlbefinden der Menschen ein
destruktives Handeln darstellt. Der Grund, um vom moralischen
Standpunkt her ein gutes Gewissen zu haben, und das Wissen darum, daß es nicht
nur der Natur, sondern auch der Spezies Mensch auf die lange Sicht von
1000 Jahren gutes tut, sorgen allein für keinen starken Anreiz.
Viel leichter fällt es da dem Menschen, jemanden in einen Ausschuß, in
die Volksvertretung, in das EU-Parlament hineinzuwählen, um Steuern für
die Schadensaufkommen zu verordnen, und die Städteplanung in eine
solche Richtung zu lenken, die alle Bürger dazu zwingt oder dazu verleitet,
die Autofahrerei zu verringern - in eine Richtung also, die die
uneigennützigen, vernünftigen Resolutionen, mit den nächsten 1000 Jahren im
Blickwinkel, hier und jetzt leicht fallen und auch vom eigenen
Standpunkt her als lohnend erscheinen lässt.
Auf den Aktivisten und den aufgeweckten Verbraucher sollte man jedoch
nicht allzusehr zählen, denn zwischen dem guten Willen und guten Taten
klafft stets ein gewaltiger Abgrund. Sich etwas nur bewußt zu machen,
reicht nicht aus.
Die Welt wird sich nicht dadurch verändern, daß die Menschen angefangen
haben, das, was in ihr vorherrscht und das, was mit ihr möglich wäre,
mit anderen Augen zu betrachten. Oft bedarf es eines Anreizes oder
eines Zwanges, um den Menschen dazu zu bringen, über den Abgrund
hinwegzuspringen. Oft muß der Zwang von außen her kommen, Selbstdisziplin reicht
nur selten aus. Aus diesem Grunde ist ein Staatsapparat, der Beschlüsse
und Gesetze verfasst, die einen jeden Bürger binden, unersetzbar. Der
Staat ist das gemeinsame Vehikel der Menschen, um in der Gruppe klüger
beraten zu sein als es der Einzelne allein sein könnte.
Teemu Mäki
libidopter - 25. Jul, 12:10