Das Negative im Leben auf der Welt ist ein Instrumentarium der himmlischen Kräfte, um damit bei all dessen trägen Elementen mehr an Positivem im Leben hervorzubringen
Der wegen eines für die biederen Kunstbeflissenen des nördlichen Finnlands zum Himmel stinkenden Theaterstreichs von 1987 schwer gerügte Jari Halonen aus der damaligen Helsinkier Theaterstudentengruppe GottesTheater rechtfertigt sich, das meiste davon hier nun ins Deutsche übersetzt, gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in einem an die Theaterleiter Jussi Helminen und Ahti Ahonen gerichteten Antwortschreiben des Jahres 2002:
Halonen antwortet den Theaterleitern Helminen und Ahonen
Mein erster Kontakt zu Jussi Helminen war ein paar Monate vor der
berühmt-berüchtigten Vorstellung des GottesTheaters zu Ende der 1980er in
Oulu. In Finnlands Theaterhochschule war das von Erik Söderblom
geschriebene und inszenierte skandalöse Drama Eine Krankheit aufgeführt worden.
Ich war als Schauspieler mit bei dem Projekt dabei. Zur gleichen Zeit,
als das Schauspiel auf der Bühne gezeigt wurde, saß dessen Verfasser
und Intendant Söderblom im Zuschauerraum und kommentierte die Situation
des Stücks und die der Weltlage durchs Mikrophon. Das A-Studio hatte
u.a. die Aufführung aufgezeichnet, es wurde zu einem Bühnenstück, das gut
ankam, dem Intendanten wäre es beim ersten Abend fast dabei schwindlig
geworden, und so weiter. Die Vorstellungen waren eine feine Sache und
sie lösten ein Aufsehen aus, das die ganze Nation erfasste. Mit hinein
in den Skandal und in den nationalen Lichtkegel der Öffentlichkeit
drängte es Jussi Helminen, den damaligen Leiter des Stadttheaters von Oulu,
der die Angelegenheiten des Nordens als seine eigenen empfand, der sich
bei der Darbietung von Eine Krankheit neben den Intendanten Söderblom
im Zuschauerraum hinsetzte, und mittendrin während des Bühnenspiels dem
Intendanten wiederholt zusteckte: Erik, ich bin doch Jussi Helminen,
der Leiter des Stadttheaters von Oulu, mach' von mir Gebrauch, mach' von
mir Gebrauch!
Nun, Söderblom hatte nicht von ihm Gebrauch gemacht. Aber Helminen
bekam eine zweite Gelegenheit, um ins Licht der nationalen Öffentlichkeit
zu gelangen (und um auf diesem Wege seine Karriere gen Süden
auszurichten [Anm. Jussi Helminen ist mittlerweile Leiter der Theaters von Espoo
im Süden Finnlands]): das war nun eben das GottesTheater!
Helminen lud das GottesTheater, das ein Teil des
Künstlerwerdungsprozesses von vier Theaterstudenten war, zu den Theatertagen des Nordens ein, um dort von letzteren etwas herbes aufgeführt zu bekommen, damit man das sich allzu breitgesessene Theatervolk der Tage für eine
Theaterdiskussion wachgerüttelt bekäme. Helminen gab vor, das verstanden zu haben,
was auch die jungen studierenden Künstler verstanden hatten: es hatte
sich eine Verunterhaltlichung der Theaterkunstform und ein stilles
Übergehen von deren gesellschaftlicher Bedeutung am Horizont abgezeichnet.
Helminen hat später dann behauptet, daß die Theaterstudenten ihn
hereingelegt hätten. Daß er mit 'herbe' nicht etwas derartig wüstes gemeint
hätte, wie er es bekam. Aber was glaubte er denn von einer Gruppe erwarten
zu können, die sich selbst GottesTheater nannte und die eine Woche
davor in Helsinki einen öffentlichen Auftritt hatte, bei dem die Studenten
am Kreuze hingen, sich selbst geißelten, und Abgase in den Bühnenraum
geleitet wurden? Behauptet Helminen ernsthaft, daß er glaubte, eine
Theatergruppe der Heilsarmee eingeladen zu haben? Das gleiche gilt auch für
Ahti Ahonen.
Helminen und Ahonen behaupten, das GottesTheater wäre in den Norden
gegangen, um sein provokatives Theaterspiel vorzutragen, da sie sich nicht
getraut hätten, und es auch nicht gewollt hätten, dasselbige im Süden
vorzutragen. Die Wahrheit ist, daß wir nach Oulu kamen, da der Leiter
des Theaters Helminen uns dahin eingeladen hatte, und noch dazu von uns
etwas herbes und bezugnehmendes erwartete.
...
Möge die Stadt Kajaani Euch von Rovaniemi eine Lehre sein - dort haben
wir es mit einer Gemeinde zu tun, die für Kulturschaffende, die einen
Durchblick haben, Verständnis hat! Und dies zahlt sich zum Wohle aller
des Bezirks auch aus. Kunst und gesellschaftlicher Aktivismus sind keine
einfachen Dinge. Da sie aber Hand in Hand einhergehen, sollte ein
Professioneller zumindest zu einem gewissen Grad etwas davon verstehen.
Helminen z.B. glaubt zu seinem Pech, daß die Bedeutung von Kunst in
Zuschauerzahlen gemessen wird! Ahonen wiederum kennt die Grundbegriffe des
Theaters nicht. Er versteht nicht, daß die Provokation eines der
wesentlichsten Elemente der Theaterkunstform ist, ob einem das nun gefällt oder
nicht. Er hat sich aktiv darum bemüht, die wirklichen Vorgänge des
Jahres 1987 vergessen zu machen, obwohl gerade er, als fünftes Mitglied des
GottesTheaters, hätte wissen müssen, daß das Publikum des Stadttheaters
von Oulu um 10 Uhr am damaligen Morgen alles Theater-Professionelle
waren, die so ähnlich wie er selber eingestellt sind. Die Provokation traf
Ahonen and Helminen auch am wunden Punkt, aber deren konservatives
Weltbild hat es nicht aufgeschlossener gemacht.
Wenn jene Leiter eines Theaters die GottesTheater-Gruppe mit ihrem
eigenen Tun als Theaterleiter vergleichen wollen, so kann ich darauf nur
antworten, daß ich zum Beispiel nichts weiter hätte zu tun brauchen, als
in ihren Büros Fürze zu lassen, dann hätte es dort mehr an Geist, an
Können, an gesellschaftlichem Aktivismus, und was sonst noch, gegeben,
als diese je zustande gebracht haben.
Leider können bei solchen Kapazitäten von Leitern eines Theaters die
Theatermacher selbst ihre Rolle als bildende Erzieher ihres Publikums und
als Errichter der Kultur ihrer Gemeinschaft, also als Künstler, nicht
erkennen - sondern bloß als Unterhaltungskünstler.
Und zum Schluß noch die provokatorisch unumstrittenen Theaterfakten:
Im Januar 1987 war das Theater Finnlands zum letzten Mal in einer
zentralen Position in unserer Gesellschaft gestanden, hatte zum letzten Mal
einen direkten Einfluß auf politische Beschlußfassungen ausgeübt. Und
wenn es auch damals das eine Mal etwas negatives an sich hatte, so hat
es sich doch zum Positiven gewendet, indem es das äußerst kleinliche und
konservative, ängstliche und die Märkte ableckende Weltbild derer
bloßlegte, die in kulturellen Zirkeln ihrer Zeit einflußreiche Stellungen
innehalten.
Theaterleiter Jussi Helminen und Ahti Ahonen sei folgendes gesagt:
In Ihrer Gedankenwelt gab es damals und gibt es noch weiterhin mehr
Scheißdreck als in der Performance von Oulu an die Mantelkrägen Ihrer
Kollegen flog.
Jari Halonen
Filmregisseur
Halonen antwortet den Theaterleitern Helminen und Ahonen
Mein erster Kontakt zu Jussi Helminen war ein paar Monate vor der
berühmt-berüchtigten Vorstellung des GottesTheaters zu Ende der 1980er in
Oulu. In Finnlands Theaterhochschule war das von Erik Söderblom
geschriebene und inszenierte skandalöse Drama Eine Krankheit aufgeführt worden.
Ich war als Schauspieler mit bei dem Projekt dabei. Zur gleichen Zeit,
als das Schauspiel auf der Bühne gezeigt wurde, saß dessen Verfasser
und Intendant Söderblom im Zuschauerraum und kommentierte die Situation
des Stücks und die der Weltlage durchs Mikrophon. Das A-Studio hatte
u.a. die Aufführung aufgezeichnet, es wurde zu einem Bühnenstück, das gut
ankam, dem Intendanten wäre es beim ersten Abend fast dabei schwindlig
geworden, und so weiter. Die Vorstellungen waren eine feine Sache und
sie lösten ein Aufsehen aus, das die ganze Nation erfasste. Mit hinein
in den Skandal und in den nationalen Lichtkegel der Öffentlichkeit
drängte es Jussi Helminen, den damaligen Leiter des Stadttheaters von Oulu,
der die Angelegenheiten des Nordens als seine eigenen empfand, der sich
bei der Darbietung von Eine Krankheit neben den Intendanten Söderblom
im Zuschauerraum hinsetzte, und mittendrin während des Bühnenspiels dem
Intendanten wiederholt zusteckte: Erik, ich bin doch Jussi Helminen,
der Leiter des Stadttheaters von Oulu, mach' von mir Gebrauch, mach' von
mir Gebrauch!
Nun, Söderblom hatte nicht von ihm Gebrauch gemacht. Aber Helminen
bekam eine zweite Gelegenheit, um ins Licht der nationalen Öffentlichkeit
zu gelangen (und um auf diesem Wege seine Karriere gen Süden
auszurichten [Anm. Jussi Helminen ist mittlerweile Leiter der Theaters von Espoo
im Süden Finnlands]): das war nun eben das GottesTheater!
Helminen lud das GottesTheater, das ein Teil des
Künstlerwerdungsprozesses von vier Theaterstudenten war, zu den Theatertagen des Nordens ein, um dort von letzteren etwas herbes aufgeführt zu bekommen, damit man das sich allzu breitgesessene Theatervolk der Tage für eine
Theaterdiskussion wachgerüttelt bekäme. Helminen gab vor, das verstanden zu haben,
was auch die jungen studierenden Künstler verstanden hatten: es hatte
sich eine Verunterhaltlichung der Theaterkunstform und ein stilles
Übergehen von deren gesellschaftlicher Bedeutung am Horizont abgezeichnet.
Helminen hat später dann behauptet, daß die Theaterstudenten ihn
hereingelegt hätten. Daß er mit 'herbe' nicht etwas derartig wüstes gemeint
hätte, wie er es bekam. Aber was glaubte er denn von einer Gruppe erwarten
zu können, die sich selbst GottesTheater nannte und die eine Woche
davor in Helsinki einen öffentlichen Auftritt hatte, bei dem die Studenten
am Kreuze hingen, sich selbst geißelten, und Abgase in den Bühnenraum
geleitet wurden? Behauptet Helminen ernsthaft, daß er glaubte, eine
Theatergruppe der Heilsarmee eingeladen zu haben? Das gleiche gilt auch für
Ahti Ahonen.
Helminen und Ahonen behaupten, das GottesTheater wäre in den Norden
gegangen, um sein provokatives Theaterspiel vorzutragen, da sie sich nicht
getraut hätten, und es auch nicht gewollt hätten, dasselbige im Süden
vorzutragen. Die Wahrheit ist, daß wir nach Oulu kamen, da der Leiter
des Theaters Helminen uns dahin eingeladen hatte, und noch dazu von uns
etwas herbes und bezugnehmendes erwartete.
...
Möge die Stadt Kajaani Euch von Rovaniemi eine Lehre sein - dort haben
wir es mit einer Gemeinde zu tun, die für Kulturschaffende, die einen
Durchblick haben, Verständnis hat! Und dies zahlt sich zum Wohle aller
des Bezirks auch aus. Kunst und gesellschaftlicher Aktivismus sind keine
einfachen Dinge. Da sie aber Hand in Hand einhergehen, sollte ein
Professioneller zumindest zu einem gewissen Grad etwas davon verstehen.
Helminen z.B. glaubt zu seinem Pech, daß die Bedeutung von Kunst in
Zuschauerzahlen gemessen wird! Ahonen wiederum kennt die Grundbegriffe des
Theaters nicht. Er versteht nicht, daß die Provokation eines der
wesentlichsten Elemente der Theaterkunstform ist, ob einem das nun gefällt oder
nicht. Er hat sich aktiv darum bemüht, die wirklichen Vorgänge des
Jahres 1987 vergessen zu machen, obwohl gerade er, als fünftes Mitglied des
GottesTheaters, hätte wissen müssen, daß das Publikum des Stadttheaters
von Oulu um 10 Uhr am damaligen Morgen alles Theater-Professionelle
waren, die so ähnlich wie er selber eingestellt sind. Die Provokation traf
Ahonen and Helminen auch am wunden Punkt, aber deren konservatives
Weltbild hat es nicht aufgeschlossener gemacht.
Wenn jene Leiter eines Theaters die GottesTheater-Gruppe mit ihrem
eigenen Tun als Theaterleiter vergleichen wollen, so kann ich darauf nur
antworten, daß ich zum Beispiel nichts weiter hätte zu tun brauchen, als
in ihren Büros Fürze zu lassen, dann hätte es dort mehr an Geist, an
Können, an gesellschaftlichem Aktivismus, und was sonst noch, gegeben,
als diese je zustande gebracht haben.
Leider können bei solchen Kapazitäten von Leitern eines Theaters die
Theatermacher selbst ihre Rolle als bildende Erzieher ihres Publikums und
als Errichter der Kultur ihrer Gemeinschaft, also als Künstler, nicht
erkennen - sondern bloß als Unterhaltungskünstler.
Und zum Schluß noch die provokatorisch unumstrittenen Theaterfakten:
Im Januar 1987 war das Theater Finnlands zum letzten Mal in einer
zentralen Position in unserer Gesellschaft gestanden, hatte zum letzten Mal
einen direkten Einfluß auf politische Beschlußfassungen ausgeübt. Und
wenn es auch damals das eine Mal etwas negatives an sich hatte, so hat
es sich doch zum Positiven gewendet, indem es das äußerst kleinliche und
konservative, ängstliche und die Märkte ableckende Weltbild derer
bloßlegte, die in kulturellen Zirkeln ihrer Zeit einflußreiche Stellungen
innehalten.
Theaterleiter Jussi Helminen und Ahti Ahonen sei folgendes gesagt:
In Ihrer Gedankenwelt gab es damals und gibt es noch weiterhin mehr
Scheißdreck als in der Performance von Oulu an die Mantelkrägen Ihrer
Kollegen flog.
Jari Halonen
Filmregisseur
libidopter - 5. Jun, 11:46