Mithin ein interessantestes Programm dürfte es sein, etwas völlig neues, aufregendes zu schaffen
Sprachgeschichtliches zum vorprogrammierten Leben
« ein kultureller Kommentar, aus dem Finnischen übersetzt »
Das Fernsehen ist voll mit allerlei Grand-Prix-Programmen. Die Kinder
plagen ihre Eltern wegen neuesten Computer-Programmen ab. Das
Spiele-Programm der Weltmeisterschaft ist, wie man hört, fad.
"Was hast du am Mai-Feiertag auf dem Programm stehen?" will ein Kollege
von mir wissen. "Ich dachte daran, die politischen Richtlinienprogramme
des neuen Regierungsprogramms zu lesen," gebe ich als Antwort zurück,
ohne mir etwas anmerken zu lassen.
Diese politischen Richtlinienprogramme bestehen aus dem
Richtlinienprogramm für Arbeit, Unternehmertum und Arbeitsleben, dem
Richtlinienprogramm für die Beförderung der Gesundheit und dem Richtlinienprogramm für das Wohlergehen von Kindern, Jugendlichen und den Familien. Gemäß dem
Regierungsprogramm handelt es sich bei politischen Richtlinienprogrammen
um "extensive, ressorts-überlappende Aufgabenkomplexe zur Erreichung
von zentralen Zielen der Regierung" und sie "bestehen aus Maßnahmen,
Unternehmungen und bewilligten Geldern, welche Handelsbereiche von
verschiedenen Ministerien betreffen."
Wenn ich die geschmacks- und geruchslose, programmatische Sprache der
politischen Richtlinienprogramme des Regierungsprogramms lese, kommt mir
die gedankliche Vorstellung des Schriftstellers Eino Leino von "einem
Halfter für den Wolf, und einem Gängelband für die Begierde" in den
Sinn. Das programmierte, politische Leben mit all seinen Beförderungen,
Bestrebungen und Ausarbeitungen macht mir, wenn ich ehrlich bin, keinen
besonders frischbackig gesunden (oder wie bezeichnet man das Gegenteil
von blutleer?), geschweige denn einen geistreichen Eindruck!
Ist das überhaupt eines Menschen Gespreche? Wer leitet hier wen an?
"Man fährt ohne ein Ziel, wenn ein Halbgebackener am Steuer sitzt,"
weiß der Volksmund zu sagen.
Wenn man in das Suchprogramm des Internets den Begriff "Programm"
eingibt, kommen über sechs Millionen Treffer zusammen. "Liebe" hingegen
trifft nur eine Million mal zu, "Brot" ein paar hunderttausende von Male.
Das "Leben" schafft es auf vier Millionen (wohlgemerkt beziehen sich
diese Zahlen auf die Resultate bei der Eingabe der Begriffe auf
Finnisch!).
Unser Leben scheint heutzutage in vielerlei Weisen programmiert zu
sein. Kaum konnte wohl ein Yrjö Koskinen im Jahre 1880 geahnt haben, daß
aus seinem neuen finnischen Wort für Programm (ohjelma von ohjata:
lenken, leiten) hundert Jahre später das Lieblingswort der Finnen würde.
Koskinen bildete das Wort als Gegenstück zum schwedischen Wort program und,
um die Wörter julistuskirja (festgeschriebene Ankündigung) und
kutsumuskirja (festgeschriebene Berufung) zu ersetzen.
Die Geschichte des Worts ohjelma für Programm ist interessant, wenn man
des Wortes neuzeitige Verwendungen in Betracht zieht. Ohjelma dürfte
auf dem germanisch-stämmigen Wort "ohja" (Führung) beruhen, wie auch die
Wörter ohje (Rat, Regel) und auch ohjas (Zügel). Von der
altgermanischen Urform von ohja stammt zum Beispiel auch das Wort Öse des
Neu-Hochdeutschen ab.
Bei der heutigen Lawine an Programmen kann man sich nicht immer des
Eindrucks erwehren, daß jemand meine Zügel strafft oder daß eine Öse,
Schlinge um meinen Hals herum sich zuzieht. Wenn ein Mensch nach seinem
Programm gefragt wird, wird gleichzeitig zu verstehen gegeben, daß das
Leben ein vorprogrammiertes und ein durchgeplantes sein soll.
Ein Mensch ohne Programm ist ein Mensch ohne eine Existenz.
Falls du selbst kein Programm für die Zukunft haben solltest, mach' dir
keine Sorgen. Es gibt genügend Anbieter für Programme, und auch
genügend Lebensberater.
Dem nahm sich schon eine Maria Jotuni in ihrem Buch "Im wankenden Haus"
an: "Bin ich doch angefüllt mit Leben, also stelle auch ich einen Sinn
des Lebens dar, und meine Bestimmung ist nicht ein von außen her
übernommenes Programm. Was nur ihr älteren Menschen schulmeistert und unser
Leben kompliziert und schwierig machen wollt?"
VESA HEIKKINEN
Dozent der finnischen Sprache
« ein kultureller Kommentar, aus dem Finnischen übersetzt »
Das Fernsehen ist voll mit allerlei Grand-Prix-Programmen. Die Kinder
plagen ihre Eltern wegen neuesten Computer-Programmen ab. Das
Spiele-Programm der Weltmeisterschaft ist, wie man hört, fad.
"Was hast du am Mai-Feiertag auf dem Programm stehen?" will ein Kollege
von mir wissen. "Ich dachte daran, die politischen Richtlinienprogramme
des neuen Regierungsprogramms zu lesen," gebe ich als Antwort zurück,
ohne mir etwas anmerken zu lassen.
Diese politischen Richtlinienprogramme bestehen aus dem
Richtlinienprogramm für Arbeit, Unternehmertum und Arbeitsleben, dem
Richtlinienprogramm für die Beförderung der Gesundheit und dem Richtlinienprogramm für das Wohlergehen von Kindern, Jugendlichen und den Familien. Gemäß dem
Regierungsprogramm handelt es sich bei politischen Richtlinienprogrammen
um "extensive, ressorts-überlappende Aufgabenkomplexe zur Erreichung
von zentralen Zielen der Regierung" und sie "bestehen aus Maßnahmen,
Unternehmungen und bewilligten Geldern, welche Handelsbereiche von
verschiedenen Ministerien betreffen."
Wenn ich die geschmacks- und geruchslose, programmatische Sprache der
politischen Richtlinienprogramme des Regierungsprogramms lese, kommt mir
die gedankliche Vorstellung des Schriftstellers Eino Leino von "einem
Halfter für den Wolf, und einem Gängelband für die Begierde" in den
Sinn. Das programmierte, politische Leben mit all seinen Beförderungen,
Bestrebungen und Ausarbeitungen macht mir, wenn ich ehrlich bin, keinen
besonders frischbackig gesunden (oder wie bezeichnet man das Gegenteil
von blutleer?), geschweige denn einen geistreichen Eindruck!
Ist das überhaupt eines Menschen Gespreche? Wer leitet hier wen an?
"Man fährt ohne ein Ziel, wenn ein Halbgebackener am Steuer sitzt,"
weiß der Volksmund zu sagen.
Wenn man in das Suchprogramm des Internets den Begriff "Programm"
eingibt, kommen über sechs Millionen Treffer zusammen. "Liebe" hingegen
trifft nur eine Million mal zu, "Brot" ein paar hunderttausende von Male.
Das "Leben" schafft es auf vier Millionen (wohlgemerkt beziehen sich
diese Zahlen auf die Resultate bei der Eingabe der Begriffe auf
Finnisch!).
Unser Leben scheint heutzutage in vielerlei Weisen programmiert zu
sein. Kaum konnte wohl ein Yrjö Koskinen im Jahre 1880 geahnt haben, daß
aus seinem neuen finnischen Wort für Programm (ohjelma von ohjata:
lenken, leiten) hundert Jahre später das Lieblingswort der Finnen würde.
Koskinen bildete das Wort als Gegenstück zum schwedischen Wort program und,
um die Wörter julistuskirja (festgeschriebene Ankündigung) und
kutsumuskirja (festgeschriebene Berufung) zu ersetzen.
Die Geschichte des Worts ohjelma für Programm ist interessant, wenn man
des Wortes neuzeitige Verwendungen in Betracht zieht. Ohjelma dürfte
auf dem germanisch-stämmigen Wort "ohja" (Führung) beruhen, wie auch die
Wörter ohje (Rat, Regel) und auch ohjas (Zügel). Von der
altgermanischen Urform von ohja stammt zum Beispiel auch das Wort Öse des
Neu-Hochdeutschen ab.
Bei der heutigen Lawine an Programmen kann man sich nicht immer des
Eindrucks erwehren, daß jemand meine Zügel strafft oder daß eine Öse,
Schlinge um meinen Hals herum sich zuzieht. Wenn ein Mensch nach seinem
Programm gefragt wird, wird gleichzeitig zu verstehen gegeben, daß das
Leben ein vorprogrammiertes und ein durchgeplantes sein soll.
Ein Mensch ohne Programm ist ein Mensch ohne eine Existenz.
Falls du selbst kein Programm für die Zukunft haben solltest, mach' dir
keine Sorgen. Es gibt genügend Anbieter für Programme, und auch
genügend Lebensberater.
Dem nahm sich schon eine Maria Jotuni in ihrem Buch "Im wankenden Haus"
an: "Bin ich doch angefüllt mit Leben, also stelle auch ich einen Sinn
des Lebens dar, und meine Bestimmung ist nicht ein von außen her
übernommenes Programm. Was nur ihr älteren Menschen schulmeistert und unser
Leben kompliziert und schwierig machen wollt?"
VESA HEIKKINEN
Dozent der finnischen Sprache
libidopter - 16. Mai, 18:24