Sich es gemütlich in der freien Natur einrichten - so daß es nur noch schöner sein könnte, wenn es kein Geld mehr gäbe
Eine Lebensveränderung zugunsten der Familie
(ein Bericht aus dem Sonntagssonderteil der finnischen Zeitung Turun
Sanomat vom 10.6.2007, übersetzt aus dem Finnischen)
Minnamari Marttila ereiferte sich zehn Jahre lang für eine Karriere in
der Hauptstadt im Dienste eines großen Konzerns. Das nahezu rund um die
Uhr sich abmühende Energiepaket brachte es in rasantem Tempo bis in die
Führung des Konzerns hinein.
Dann kam das Baby. Nach einem rekordmäßig kurzen Mutterschaftsurlaub
machte Marttila die Feststellung, daß jedesmal, wenn sie ihr Kind zu
sehen bekam, es gerade am Schlafen war. Eine Lebensveränderung ließ dann
die Familie aufs Land hinaus nach Talerei (Taalintehdas) gehen, mitten
hinein in die blühendste Landschaft der dem südlichen Festland Finnlands
vorgelagerten Schäreninseln der Provinz Turku.
- Der beste Entschluß meines Lebens war es, daß, wenn ich mir von etwas
mal einen Traum ausgemalt habe, er auch alsbald zur Verwirklichung
gebracht werden sollte! entfährt es einer vor Lebensfreude sprühenden
Marttila.
Vor gut zwei Jahren stach die Familie Marttila schnell mal wieder in
ihrem Sommerhäuschen auf Västanfjärd vorbei und beide versprachen sich
damals gegenseitig hochheilig, daß irgendwann einmal, und, sei es erst in
der Pension, hier an diesem Ort ein Traumplatz für sich errichtet
werden würde und man dann einfach auf dem Lande bliebe.
Die beiden Worte Irgendwann und Dann klangen im Ohr von Minnamari auch
dann noch nach, wenn sie, die tägliche Hektik in der Hauptstadt
durchstanden, allabendlich ihr Bündel an Zeitungen durchforstete.
- In der Zeitschrift Wirtschaftsleben sah ich eine Anzeige, in der die
Gemeinde von Dragsfjärd eine(n) leitende(n) Manager(in) für ihre zwei
Töchterunternehmen suchte. Ich sagte meinem Mann: Hei, würde ich nicht
dort dafür tauglich sein? Und als mein Mann mich dann dazu ermutigte,
machte ich mich daran, die Bewerbungspapiere zu schreiben.
Aber erst als der Gemeindeleiter anrief und mitteilte, daß man sich für
mich Minnamari entschieden hätte, um den Unternehmungen der Gemeinde
und der Vermarktung des Gebiets vorzustehen, kam die Idee von der
Lebensveränderung, um sie zur Wirklichkeit werden zu lassen, zum Durchbruch.
- Ich überlegte mir: "Aber Augenblick mal! Wie würde ich mich, die ich
mein ganzes Leben in der Hauptstadt zugebracht habe, dem Leben auf dem
Lande anpassen können?" Je mehr ich jedoch darüber nachdachte, desto
mehr hatte ich das Gefühl, daß es der richtige Entschluß war.
Es gab vieles an praktischen Dingen abzuwägen: Würde es eventuell dazu
führen, daß mein Ehemann sich von seinem angestammten Arbeitsplatz
trennen müßte, oder fände sich eine flexiblere Lösung bis hin zu einer
Fernarbeit? Und wie würde es um die Wohnung stehen?
Die Gemeinde bot als eine Alternative ein Reihenhaus an, das der
Familie als geeignet erschien. Auch mein Mann, der in der IT-Branche
beschäftigt ist, konnte es fertigbringen, daß seine Arbeitsstelle nach Ödwald
(Salo) verlegt wurde, von Talerei aus eine annehmbare Fahrtstrecke.
- Mit einem Schlag war der Aufbruch zu neuen Ufern Wirklichkeit
geworden.
- Ich bemerkte, daß es nur noch gut einen Monat bis zum Umzug hin war,
und ich immer noch keine Tagesstätte für die zweijährige Ronja gefunden
hatte. In Espoo mußte man fast ein Jahr auf eine Tagesstätte zuwarten.
Ich machte einen Anruf und fragte vorsichtig an, ob es denn irgendwie
anginge, für meine Ronja noch eine Tagesstätte zu organisieren - und
bekam zur Antwort, daß man nur darauf gewartet hätte, wann ich denn
endlich anrufen würde. Jeder kennt hier eben jeden, und alle wissen, wer in
die Gemeinde kommt.
Für Ronja war eine zweisprachige Tagesstätte mit dem Namen Kottebo
gefunden worden. Die in einem Holzhaus in einem Birkenwäldchen entlang des
Weges arbeitende Kleine Tannenzapfen-Höhle (Käpykolo) ist wie eine
Großfamilie mit mehreren Müttern: Es gibt dort gerade mal 12 Kinder. Ronja
hat obendrein zusätzlich zu einer naturnahen Tagesumsorgung mithin auch
noch eine fliessende Zungenfertigkeit im Schwedischen erhalten, worum
ihre Mutter sie sehr beneidet: Das Beschäftigtsein mit Führungsaufgaben
für eine zweisprachige Gemeinde ist eine Herausforderung, die die
Energiereserven in Anspruch nimmt. Davon hat Minnamari zwar zur Genüge.
Minnamari Marttila bringt ihre Schaffenskraft nun in der Vermarktung
von Dragsfjärd und dessen Gemeindezentrum für die anderen, die auch nach
einem Traumplatz für sich suchen, ins Spiel. Das DIT Center, dem sie
vorsteht, bietet denen, die in der Gemeinde einziehen, moderne
Arbeitsräumlichkeiten in einem Hochhaus an, von dessen Fenstern aus man das Meer
im Blickfeld hat. In dem Haus ist auch ein kleines Apartment-Hotel
untergebracht, in dem ein Fernarbeitender übernachten kann. Mietwohnungen
in Naturnähe finden sich für ungefähr sechs Euro pro Quadratmeter: Eine
Zweizimmerwohnung von 50 Quadratmetern bekommt man für 300 Euro im
Monat. Viele der Neusiedler, die eine Familie mit sich bringen, beginnen
umgehendst damit, sich auf einem von der Gemeinde angebotenen Ufer- oder
Waldgrundstück ein Eigenheim hinzustellen.
- Auch andererseits kommt einem das Leben inmitten einer Gemeinde von 1
500 Einwohnern billiger zu stehen: Es gibt kein einziges
Einkaufsschlemmerland, das einen überwältigen könnte, und auch nicht leicht fällt man
einer Muntermacher-Einkaufstour zum Opfer, wie Minnamari sich
ausdrückt.
Drei Läden, ein reger Wochenmarkt, zweimal die Woche, und eine Fahrt
von einer Stunde nach Turku tun auch den Einkaufsgewohnheiten der Familie
Marttila Genüge. Für kulturellen Umtrieb sorgt in Talerei jeden Sommer
das Baltic Jazz-Ereignis, ansonsten gibt es ein Laientheater und eine
virulente Volkshochschule, auf der man fast alle möglichen Hobbys
betreiben kann, angefangen von der Herstellung seines eigenen Finnendolchs.
Trotzdem steht bei den Einwohnern von Dragsfjärd und bei denen, die
dorthin ziehen, eine Lieblingsbeschäftigung höher im Kurs wie alle
anderen: Das Meer und die Bootsfahrt. Ein Fußmarsch von nur fünf Minuten bis
zum Boot hin ist eine gefällige Trumpfkarte in der Hand, und wenn noch
dazu hinter einer kleinen Bootsfahrtstrecke auf Västanfjärd ein weiterer
Traum steht, zu dessen Erfüllung nur noch das i-Tüpfelchen fehlt, die
völlig umgebaute Freizeitwohnung und, wichtiger als alles andere, das
Spiele-Häuschen - nun, dann dürfte es sich erübrigen, danach zu fragen,
wann die Familie Marttila ins hektische Leben von Groß-Helsinki
zurückkehren würde.
Eva Latvakangas
(ein Bericht aus dem Sonntagssonderteil der finnischen Zeitung Turun
Sanomat vom 10.6.2007, übersetzt aus dem Finnischen)
Minnamari Marttila ereiferte sich zehn Jahre lang für eine Karriere in
der Hauptstadt im Dienste eines großen Konzerns. Das nahezu rund um die
Uhr sich abmühende Energiepaket brachte es in rasantem Tempo bis in die
Führung des Konzerns hinein.
Dann kam das Baby. Nach einem rekordmäßig kurzen Mutterschaftsurlaub
machte Marttila die Feststellung, daß jedesmal, wenn sie ihr Kind zu
sehen bekam, es gerade am Schlafen war. Eine Lebensveränderung ließ dann
die Familie aufs Land hinaus nach Talerei (Taalintehdas) gehen, mitten
hinein in die blühendste Landschaft der dem südlichen Festland Finnlands
vorgelagerten Schäreninseln der Provinz Turku.
- Der beste Entschluß meines Lebens war es, daß, wenn ich mir von etwas
mal einen Traum ausgemalt habe, er auch alsbald zur Verwirklichung
gebracht werden sollte! entfährt es einer vor Lebensfreude sprühenden
Marttila.
Vor gut zwei Jahren stach die Familie Marttila schnell mal wieder in
ihrem Sommerhäuschen auf Västanfjärd vorbei und beide versprachen sich
damals gegenseitig hochheilig, daß irgendwann einmal, und, sei es erst in
der Pension, hier an diesem Ort ein Traumplatz für sich errichtet
werden würde und man dann einfach auf dem Lande bliebe.
Die beiden Worte Irgendwann und Dann klangen im Ohr von Minnamari auch
dann noch nach, wenn sie, die tägliche Hektik in der Hauptstadt
durchstanden, allabendlich ihr Bündel an Zeitungen durchforstete.
- In der Zeitschrift Wirtschaftsleben sah ich eine Anzeige, in der die
Gemeinde von Dragsfjärd eine(n) leitende(n) Manager(in) für ihre zwei
Töchterunternehmen suchte. Ich sagte meinem Mann: Hei, würde ich nicht
dort dafür tauglich sein? Und als mein Mann mich dann dazu ermutigte,
machte ich mich daran, die Bewerbungspapiere zu schreiben.
Aber erst als der Gemeindeleiter anrief und mitteilte, daß man sich für
mich Minnamari entschieden hätte, um den Unternehmungen der Gemeinde
und der Vermarktung des Gebiets vorzustehen, kam die Idee von der
Lebensveränderung, um sie zur Wirklichkeit werden zu lassen, zum Durchbruch.
- Ich überlegte mir: "Aber Augenblick mal! Wie würde ich mich, die ich
mein ganzes Leben in der Hauptstadt zugebracht habe, dem Leben auf dem
Lande anpassen können?" Je mehr ich jedoch darüber nachdachte, desto
mehr hatte ich das Gefühl, daß es der richtige Entschluß war.
Es gab vieles an praktischen Dingen abzuwägen: Würde es eventuell dazu
führen, daß mein Ehemann sich von seinem angestammten Arbeitsplatz
trennen müßte, oder fände sich eine flexiblere Lösung bis hin zu einer
Fernarbeit? Und wie würde es um die Wohnung stehen?
Die Gemeinde bot als eine Alternative ein Reihenhaus an, das der
Familie als geeignet erschien. Auch mein Mann, der in der IT-Branche
beschäftigt ist, konnte es fertigbringen, daß seine Arbeitsstelle nach Ödwald
(Salo) verlegt wurde, von Talerei aus eine annehmbare Fahrtstrecke.
- Mit einem Schlag war der Aufbruch zu neuen Ufern Wirklichkeit
geworden.
- Ich bemerkte, daß es nur noch gut einen Monat bis zum Umzug hin war,
und ich immer noch keine Tagesstätte für die zweijährige Ronja gefunden
hatte. In Espoo mußte man fast ein Jahr auf eine Tagesstätte zuwarten.
Ich machte einen Anruf und fragte vorsichtig an, ob es denn irgendwie
anginge, für meine Ronja noch eine Tagesstätte zu organisieren - und
bekam zur Antwort, daß man nur darauf gewartet hätte, wann ich denn
endlich anrufen würde. Jeder kennt hier eben jeden, und alle wissen, wer in
die Gemeinde kommt.
Für Ronja war eine zweisprachige Tagesstätte mit dem Namen Kottebo
gefunden worden. Die in einem Holzhaus in einem Birkenwäldchen entlang des
Weges arbeitende Kleine Tannenzapfen-Höhle (Käpykolo) ist wie eine
Großfamilie mit mehreren Müttern: Es gibt dort gerade mal 12 Kinder. Ronja
hat obendrein zusätzlich zu einer naturnahen Tagesumsorgung mithin auch
noch eine fliessende Zungenfertigkeit im Schwedischen erhalten, worum
ihre Mutter sie sehr beneidet: Das Beschäftigtsein mit Führungsaufgaben
für eine zweisprachige Gemeinde ist eine Herausforderung, die die
Energiereserven in Anspruch nimmt. Davon hat Minnamari zwar zur Genüge.
Minnamari Marttila bringt ihre Schaffenskraft nun in der Vermarktung
von Dragsfjärd und dessen Gemeindezentrum für die anderen, die auch nach
einem Traumplatz für sich suchen, ins Spiel. Das DIT Center, dem sie
vorsteht, bietet denen, die in der Gemeinde einziehen, moderne
Arbeitsräumlichkeiten in einem Hochhaus an, von dessen Fenstern aus man das Meer
im Blickfeld hat. In dem Haus ist auch ein kleines Apartment-Hotel
untergebracht, in dem ein Fernarbeitender übernachten kann. Mietwohnungen
in Naturnähe finden sich für ungefähr sechs Euro pro Quadratmeter: Eine
Zweizimmerwohnung von 50 Quadratmetern bekommt man für 300 Euro im
Monat. Viele der Neusiedler, die eine Familie mit sich bringen, beginnen
umgehendst damit, sich auf einem von der Gemeinde angebotenen Ufer- oder
Waldgrundstück ein Eigenheim hinzustellen.
- Auch andererseits kommt einem das Leben inmitten einer Gemeinde von 1
500 Einwohnern billiger zu stehen: Es gibt kein einziges
Einkaufsschlemmerland, das einen überwältigen könnte, und auch nicht leicht fällt man
einer Muntermacher-Einkaufstour zum Opfer, wie Minnamari sich
ausdrückt.
Drei Läden, ein reger Wochenmarkt, zweimal die Woche, und eine Fahrt
von einer Stunde nach Turku tun auch den Einkaufsgewohnheiten der Familie
Marttila Genüge. Für kulturellen Umtrieb sorgt in Talerei jeden Sommer
das Baltic Jazz-Ereignis, ansonsten gibt es ein Laientheater und eine
virulente Volkshochschule, auf der man fast alle möglichen Hobbys
betreiben kann, angefangen von der Herstellung seines eigenen Finnendolchs.
Trotzdem steht bei den Einwohnern von Dragsfjärd und bei denen, die
dorthin ziehen, eine Lieblingsbeschäftigung höher im Kurs wie alle
anderen: Das Meer und die Bootsfahrt. Ein Fußmarsch von nur fünf Minuten bis
zum Boot hin ist eine gefällige Trumpfkarte in der Hand, und wenn noch
dazu hinter einer kleinen Bootsfahrtstrecke auf Västanfjärd ein weiterer
Traum steht, zu dessen Erfüllung nur noch das i-Tüpfelchen fehlt, die
völlig umgebaute Freizeitwohnung und, wichtiger als alles andere, das
Spiele-Häuschen - nun, dann dürfte es sich erübrigen, danach zu fragen,
wann die Familie Marttila ins hektische Leben von Groß-Helsinki
zurückkehren würde.
Eva Latvakangas
libidopter - 13. Jun, 08:37