Im Takt einer alle vereinenden Weltmusik sollte man sich bestens auf eine neue Zeit einstimmen können, die ohne Geld auskommen soll
Ein Kosmopolit ist im Osten wie im Westen zuhause
Anoushka Shankar verknüpft das Sitarspiel mit modernen Klangwelten
(ein Bericht aus der Sparte Kultur der Zeitung Turun Sanomat vom
20.5.2007, übersetzt aus dem Finnischen)
Die am Dienstag, dem 22. Mai, in Finnland ein Gastspiel gebende
Anoushka Shankar verbindet in ihrer Musik West und Ost. Der Einfluß der zwei
Welten reicht bis in den privaten Alltag des Sitar-Musikers und
Liederschreibers. Die junge Anoushka lebt einen Teil des Jahres in Kalifornien,
in San Diego, und die andere Zeit in Indien. Die Künstlerin und ihre
Eltern haben in Neu Delhi ihr gemeinsames Heim.
- Ich fühle mich wohl, wenn ich mit meiner Mutter Sukanya und meinem
Vater Ravi zusammen bin. Zuhause haben wir in Verbindung mit dem Ravi
Shankar-Centre ein Archiv, ein Auditorium, ein Plattenaufnahmestudio und
Unterrichtsräume. Die Mutter kümmert sich um die geschäftlichen Dinge
des Vaters und wickelt auch die finanziellen Angelegenheiten des
Ravi-Shankar-Zentrums ab. Ohne sie gäbe es dieses nicht. Sie pflegt auch meinen
Vater, der bereits 87 Jahre alt ist, erzählt Anoushka Shankar, 25, bei
einem Telefonanruf aus London, ihrem Stützpunkt in Europa.
Das Verhältnis der Musikschaffenden zu ihrer Halbschwester Norah Jones,
die gerade so wie sie in der Musik ihre Berufung gefundenen hat, ist
ebenso warmherzig. Die Frauen haben sich vor ein paar Jahren sogar eine
gleiche Tätowierung machen lassen und halten auch sonst eifrig Kontakt
zu einander, obwohl sie sich näher erst um die zehn Jahre herum kennen.
- Ich dürfte so um die 16 gewesen sein, als wir uns das erste Mal
trafen, aber wir kamen uns gleich sehr nahe. Es macht uns Spaß, miteinander
zu telefonieren. Manchmal war auch schon die Rede von einer
Gemeinschaftsarbeit, aber es gibt noch keine konkreten Pläne, läßt die Künstelerin
wissen und weist auf die hektischen Zeitpläne von beiden hin.
Hochgradige Ausbildung
Anoushka Shankar hat die denkbar beste Ausbildung für das Sitarspiel
erhalten.
Vater Ravi Shankar ist seit den 1960er Jahren im Westen der bekannteste
Meister auf dem Instrument. Er hat u.a. mit George Harrison, Yehudi
Menuhin und Philipp Glass zusammengearbeitet und Dutzende von anderen
Musikschaffenden inspiriert - John Coltrane hat sogar seinen Sohn nach dem
Sitaristen benannt. Auftritte bei den herausragenden Ereignissen der
1960er in Monterey und in Woodstock machten ihrerseits Geschichte als der
Durchbruch der 'Weltmusik' auf dem westlichen Popmusik-Markt.
Das Lehrer-Schüler-Verhältnis von Vater und Tochter hat von beiden eine
Justierung der Einstellung abverlangt.
- Als ich damit anfing, war ich acht oder neun Jahre alt, und deshalb
noch ziemlich unbekunmert. Mein Vater verstand dies, und richtete sich
nach mir, so daß das Lernen am Anfang in einem freizügigen Rahmen
verlief. Er machte daraus etwas Spaßiges und erzählte mir Geschichten, um
mich dahinzubringen, mich für die Übungen zu interessieren. Nach ein paar
Jahren war es denn auch zu einem Bestandteil meines Lebens geworden.
Anoushka wurde in London geboren. Das Mädchen wurde in der Gemeinschaft
der Inder in der Stadt groß und wuchs in die Traditionen seiner Eltern
hinein. Zugleich machte sie sich die multikulturelle Atmosphäre der
Metropole zueigen.
- Als Kind liebte ich westliche klassische Musik. Mozart und Bach waren
meine Favoriten, späterhin fand ich zu Debussy, Grieg und Ravel.
- Irgendwann, als ich sieben oder acht Jahre alt war, wurde mir bewußt,
daß auch die Popmusik gibt. Ich hörte viel Madonna, Kylie Minogue und
Michael Jackson. Durch den Goa-Trance machte ich mit elektronischer
Musik Bekanntschaft. Zu Beginn hörte sich das meiner Meinung nach
schrecklich an, aber heutzutage stehen psychedelischer Trance und Ambient mir
ziemlich nahe.
Feinfühliges Aufeinander-Zugehen
Der breit angelegte Grundstock an verschiedenen Einflüßen spiegelt sich
auf dem jüngsten Album RISE der komponierenden Sitarspielerin wider.
Dieses weicht klar von den drei vorangegangenen Platten ab, die sich auf
klassische Sitarmusik konzentrierten.
Verschiedenartige Klangwelten treffen feinfühlig auf der Scheibe
aufeinander. Das Resultat erinnert eher an Kollektive wie Ambient als an das
von Transglobal Underground, die welchen die Musik des Ostens und des
Westens zu listenfähigen Hits verschmelzten. Die eindeutigsten
Lossagungen vom gewohnten waren den Remix-Partien vorbehalten, die der
britisch-indische Musikschaffende Karsh Kale und das US-amerikanische
Producer-Dj-Duo Thievery Corporation bearbeiteten.
- Mir war es wichtig, aus der klassischen Tradition herauszutreten und
mir kompositorische Freiheiten zu genehmigen. Ich wollte sehen, was
daraus entstehen würde, wenn ich nicht auf die üblichen Abgrenzungen
Rücksicht nähme. Ich experimentierte mit allem möglichen, und vieles zeigte
sich als unbrauchbar für den Trip, als die Musik sich allmählich
abzeichnete und unterschwellig der indische Kern vom ganzen zum Vorschein
kam. Es blieb die klassische indische Musik, die mein ureigenstes Gebiet
ist, als eine feste Grundlage bestehen.
Anoushka Shankar leistet Überzeugungsarbeit in unterschiedlichster
Klangumgebung. Voice of the Moon ist vom klassischsten Kaliber auf der
Platte, in Red Sun wiederum bekommt man einen Bol-Gesang zu hören, der
einen an den Scat-Stil beim Jazz gemahnt. Das aus dem Repertoire des Vaters
übernommene Stück Mahadeva bezieht seine elektrische Kraft aus dem
mantramäßigen Gesangsteil und der schroffen Rhytmusgrundierung. Ambient ist
seinerseits das beherrschende Element in Sinister Grains.
Die Platte wurde auf drei Kontinenten und in fünf Städten produziert.
Jedes der Stücke entwickelte sich durch Experimentieren zu ihrer
letztendlichen Form.
- Oft mußte man die Kollegen der Gemeinschaftsproduktion genau
anleiten, zwischendurch ließ man sich ganz von der Musik leiten. Der Vortrag
von Red Sun ist von Grund auf völlig improvisiert. Bikram Ghosh und
Tanmoy Bose bauten zwischen sich eine Energieladung auf und spielten damit
Ball - das Stück ist weitgehend auf deren Chemie gestützt. In Sinister
Grains basiert die Stimmung auf Sehnsucht und Niedergeschlagenheit und
darauf, daß Sänger Sanjiv Chimmalji frei walten darf.
Anstelle aber davon, das Fusionieren der Welten des Klangs noch weiter
zu entwickeln, zieht Anoushka Shankar als nächstes eine Rückkehr zu
grundlegenden Dingen in Erwägung.
- Jetzt wäre es wieder einanal ein Genuß, eine Platte mit
traditioneller Sitarmusik zu machen. Ich fühle es, daß ich als Musiker
vorwärtsgekommen bin und es wäre schön, zu sehen, wohin das führt.
Anoushka Shankar gab am Dienstag, dem 22. Mai, ein Konzert im Theater
Savoy von Helsinki in Finnland.
Matti Komulainen
Anoushka Shankar verknüpft das Sitarspiel mit modernen Klangwelten
(ein Bericht aus der Sparte Kultur der Zeitung Turun Sanomat vom
20.5.2007, übersetzt aus dem Finnischen)
Die am Dienstag, dem 22. Mai, in Finnland ein Gastspiel gebende
Anoushka Shankar verbindet in ihrer Musik West und Ost. Der Einfluß der zwei
Welten reicht bis in den privaten Alltag des Sitar-Musikers und
Liederschreibers. Die junge Anoushka lebt einen Teil des Jahres in Kalifornien,
in San Diego, und die andere Zeit in Indien. Die Künstlerin und ihre
Eltern haben in Neu Delhi ihr gemeinsames Heim.
- Ich fühle mich wohl, wenn ich mit meiner Mutter Sukanya und meinem
Vater Ravi zusammen bin. Zuhause haben wir in Verbindung mit dem Ravi
Shankar-Centre ein Archiv, ein Auditorium, ein Plattenaufnahmestudio und
Unterrichtsräume. Die Mutter kümmert sich um die geschäftlichen Dinge
des Vaters und wickelt auch die finanziellen Angelegenheiten des
Ravi-Shankar-Zentrums ab. Ohne sie gäbe es dieses nicht. Sie pflegt auch meinen
Vater, der bereits 87 Jahre alt ist, erzählt Anoushka Shankar, 25, bei
einem Telefonanruf aus London, ihrem Stützpunkt in Europa.
Das Verhältnis der Musikschaffenden zu ihrer Halbschwester Norah Jones,
die gerade so wie sie in der Musik ihre Berufung gefundenen hat, ist
ebenso warmherzig. Die Frauen haben sich vor ein paar Jahren sogar eine
gleiche Tätowierung machen lassen und halten auch sonst eifrig Kontakt
zu einander, obwohl sie sich näher erst um die zehn Jahre herum kennen.
- Ich dürfte so um die 16 gewesen sein, als wir uns das erste Mal
trafen, aber wir kamen uns gleich sehr nahe. Es macht uns Spaß, miteinander
zu telefonieren. Manchmal war auch schon die Rede von einer
Gemeinschaftsarbeit, aber es gibt noch keine konkreten Pläne, läßt die Künstelerin
wissen und weist auf die hektischen Zeitpläne von beiden hin.
Hochgradige Ausbildung
Anoushka Shankar hat die denkbar beste Ausbildung für das Sitarspiel
erhalten.
Vater Ravi Shankar ist seit den 1960er Jahren im Westen der bekannteste
Meister auf dem Instrument. Er hat u.a. mit George Harrison, Yehudi
Menuhin und Philipp Glass zusammengearbeitet und Dutzende von anderen
Musikschaffenden inspiriert - John Coltrane hat sogar seinen Sohn nach dem
Sitaristen benannt. Auftritte bei den herausragenden Ereignissen der
1960er in Monterey und in Woodstock machten ihrerseits Geschichte als der
Durchbruch der 'Weltmusik' auf dem westlichen Popmusik-Markt.
Das Lehrer-Schüler-Verhältnis von Vater und Tochter hat von beiden eine
Justierung der Einstellung abverlangt.
- Als ich damit anfing, war ich acht oder neun Jahre alt, und deshalb
noch ziemlich unbekunmert. Mein Vater verstand dies, und richtete sich
nach mir, so daß das Lernen am Anfang in einem freizügigen Rahmen
verlief. Er machte daraus etwas Spaßiges und erzählte mir Geschichten, um
mich dahinzubringen, mich für die Übungen zu interessieren. Nach ein paar
Jahren war es denn auch zu einem Bestandteil meines Lebens geworden.
Anoushka wurde in London geboren. Das Mädchen wurde in der Gemeinschaft
der Inder in der Stadt groß und wuchs in die Traditionen seiner Eltern
hinein. Zugleich machte sie sich die multikulturelle Atmosphäre der
Metropole zueigen.
- Als Kind liebte ich westliche klassische Musik. Mozart und Bach waren
meine Favoriten, späterhin fand ich zu Debussy, Grieg und Ravel.
- Irgendwann, als ich sieben oder acht Jahre alt war, wurde mir bewußt,
daß auch die Popmusik gibt. Ich hörte viel Madonna, Kylie Minogue und
Michael Jackson. Durch den Goa-Trance machte ich mit elektronischer
Musik Bekanntschaft. Zu Beginn hörte sich das meiner Meinung nach
schrecklich an, aber heutzutage stehen psychedelischer Trance und Ambient mir
ziemlich nahe.
Feinfühliges Aufeinander-Zugehen
Der breit angelegte Grundstock an verschiedenen Einflüßen spiegelt sich
auf dem jüngsten Album RISE der komponierenden Sitarspielerin wider.
Dieses weicht klar von den drei vorangegangenen Platten ab, die sich auf
klassische Sitarmusik konzentrierten.
Verschiedenartige Klangwelten treffen feinfühlig auf der Scheibe
aufeinander. Das Resultat erinnert eher an Kollektive wie Ambient als an das
von Transglobal Underground, die welchen die Musik des Ostens und des
Westens zu listenfähigen Hits verschmelzten. Die eindeutigsten
Lossagungen vom gewohnten waren den Remix-Partien vorbehalten, die der
britisch-indische Musikschaffende Karsh Kale und das US-amerikanische
Producer-Dj-Duo Thievery Corporation bearbeiteten.
- Mir war es wichtig, aus der klassischen Tradition herauszutreten und
mir kompositorische Freiheiten zu genehmigen. Ich wollte sehen, was
daraus entstehen würde, wenn ich nicht auf die üblichen Abgrenzungen
Rücksicht nähme. Ich experimentierte mit allem möglichen, und vieles zeigte
sich als unbrauchbar für den Trip, als die Musik sich allmählich
abzeichnete und unterschwellig der indische Kern vom ganzen zum Vorschein
kam. Es blieb die klassische indische Musik, die mein ureigenstes Gebiet
ist, als eine feste Grundlage bestehen.
Anoushka Shankar leistet Überzeugungsarbeit in unterschiedlichster
Klangumgebung. Voice of the Moon ist vom klassischsten Kaliber auf der
Platte, in Red Sun wiederum bekommt man einen Bol-Gesang zu hören, der
einen an den Scat-Stil beim Jazz gemahnt. Das aus dem Repertoire des Vaters
übernommene Stück Mahadeva bezieht seine elektrische Kraft aus dem
mantramäßigen Gesangsteil und der schroffen Rhytmusgrundierung. Ambient ist
seinerseits das beherrschende Element in Sinister Grains.
Die Platte wurde auf drei Kontinenten und in fünf Städten produziert.
Jedes der Stücke entwickelte sich durch Experimentieren zu ihrer
letztendlichen Form.
- Oft mußte man die Kollegen der Gemeinschaftsproduktion genau
anleiten, zwischendurch ließ man sich ganz von der Musik leiten. Der Vortrag
von Red Sun ist von Grund auf völlig improvisiert. Bikram Ghosh und
Tanmoy Bose bauten zwischen sich eine Energieladung auf und spielten damit
Ball - das Stück ist weitgehend auf deren Chemie gestützt. In Sinister
Grains basiert die Stimmung auf Sehnsucht und Niedergeschlagenheit und
darauf, daß Sänger Sanjiv Chimmalji frei walten darf.
Anstelle aber davon, das Fusionieren der Welten des Klangs noch weiter
zu entwickeln, zieht Anoushka Shankar als nächstes eine Rückkehr zu
grundlegenden Dingen in Erwägung.
- Jetzt wäre es wieder einanal ein Genuß, eine Platte mit
traditioneller Sitarmusik zu machen. Ich fühle es, daß ich als Musiker
vorwärtsgekommen bin und es wäre schön, zu sehen, wohin das führt.
Anoushka Shankar gab am Dienstag, dem 22. Mai, ein Konzert im Theater
Savoy von Helsinki in Finnland.
Matti Komulainen
libidopter - 22. Mai, 17:26