15
Mai
2007

Ein Arbeitsklima, in dem Arbeiten auch Spaß macht, ist eine Grundvoraussetzung dafür, daß die Menschen es schaffen werden, zu guter Letzt übers Geld hinwegzukommen

Mach' lachend immer deine Arbeit

(ein Bericht aus dem Sonntagsteil der Zeitung Turun Sanomat vom
29.4.2007, übersetzt aus dem Finnischen)


- Humor am Arbeitsplatz hat im Zuge des Drucks auf den Arbeitsrhytmus
abgenommen. Sarkasmus und schwarzer Humor haben zugenommen, darüber, wie
den Menschen das Leben schwer gemacht wird.

Diese Zusammenfassung des Schriftstellers Vesa Karvinen, der über Humor
schreibt und Schulungen für Humor betreibt, des gegenwärtigen Standorts
von Humor am Arbeitsplatz stimmt einen ernst.

Gemäß Karvinen hat das Lachen abgenommen: die Menschen der 1970er Jahre
lachten nach einer französischen Studie im Durchschnitt 14 Minuten am
Tag, während heutzutage das gewisse Gesichtsverziehen es gerade mal auf
6-7 Minuten am Tage bringt.

Im Arbeitsleben ist man immer noch dabei, die Ernte der Rezension der
1990er einzufahren. Als man aus der Rezension herauskam, blieben die im
Arbeitsleben latent vorhandenen Energiereserven, die das
Durchhaltevermögen trainieren, auf der Strecke. Die Arbeit veränderte sich
dahingehend, daß sie teilweise nach einem zwanghaften Rhytmus abläuft. Zudem
haben Schicht- und Fernarbeit die Möglichkeit verringert, mit
Arbeitskollegen zusammenzukommen, welches eine der Bedingungen für Humor bei der
Arbeit ist. In Gemeinschaft lacht der Mensch 30 Mal so oft wie alleine!

Die Arbeit der Neuzeit definiert sich durch "Globalisation",
"Erfolgsorientiertheit" und "Wettbewerbsfähigkeit", wobei aber teilweise deren
menschlichen Seiten dabei verschütt gegangen sind. Karvinen glaubt
jedoch, daß man diese wieder findet, zumindest, daß man sie sucht.

- Die besten Vormänner haben dies kapiert.

Von den Arbeitsplätzen in Turku wird erzählt, daß die Hetze klar das
Lachen verringere, aber daß es trotzdem nicht verschwunden wäre. In der
Tablettenverpackungsstelle der pharmazeutischen Fabrik Orion, wie auch
allgemein auf Arbeitsplätzen, ist am verbreitetsten eine sich auf
Ereignisse und Geschehen beziehende Situationskomik.

Laut der Fließbandbetreuerin Reija Saunamäki kommen lustige Situationen
auf, die kommen und gehen, und zuhause kommt einem die Geschichte
vielleicht gar nicht mehr amüsant vor.

- Bei uns gibt es einige Personen, die lustig sind, egal, was sie
sagen, setzt die Produktionsassistentin Ritva Sireeni-Suominen dazu.

Der gemütliche Teil der Arbeit konzentriert sich auf die Kantine, sowie
auf die Vesperstube, aber besonders scheint die Blume des Humors
inmitten von Rauch zu sprießen.

- Gewisse Leute in der Raucherkabine, die das Wort anführen, können
sehr schön die Ereignisse des Tages in Witze umfärben, beschreibt es der
Fließbandmonteur Pertti Rantanen.

- Es geht da so lustig zu, daß man gar nicht zum Kaffeetrinken kommt,
legt Sireeni-Suominen drauf.

Über die Produkte bzw. die Medikamente werden verwunderlicherweise
keine Witze gerissen, höchstens mal über Anlagen, wenn's wo geklemmt hat.

* Was sagt ein Computerfreak, wenn er mal dringend austreten muß? -
Hab' 'ne schreckliche bits-Not! Wo ist das nächste PeeCee? *


Der IT-Experte Max Santalahti, Innovationsmanager auf der Abteilung für
Bank- und Versicherungswesen der Firma Tietoenatori erzählt, daß bei
ihnen Humor sich hauptsächlich aus den Ereignissen im Alltag ergibt.

- Es gibt bei uns eine Cafeteria, wo man vorbeischaut, Zeitung gelesen
wird, und wo man, meinetwegen, erzählt, daß jemand eine tolle Werbung
irgendwo gesehen hat.

- Wenn jemand ein neues Hemd oder eine neue Krawatte hat, so wird dies
wohlgefällig kommentiert. Auch die knauserige Linie der Kantine - nur
ein Stück vom Rindsfleisch - belustigt. Wir spielten mit dem Gedanken,
wie man unter dem Kartoffelpürree ein "unerlaubtes" Stück Rindfleisch
verstecken könnte.

- Wir lachen auch darüber, wenn sich ein anderer vertut, aber das ist
nichts böswilliges.

In der IT-Branche findet sich auch Humor, der mit der Technik und mit
der Programmiersprache zu tun hat, Insider-Geschichten, die laut dem
Ausbilder für Humor besonders wohltuend sind: diese schweißen
Berufsgruppen und Arbeitsgemeinschaften am besten zusammen.

Santalahti konnte nicht beobachten, daß sich der Humor über die Jahre
verändert hätte, aber die Struktur der neuen offenen Bürolandschaft übt
einen Einfluß aus: man ist angehalten, die Lautstarke beim Reden zu
begrenzen, aber auf der ändern Seite kann sich Humor auch sofort
ausbreiten. Und genügend gibt es davon, was sich auch ausbreiten läßt, denn laut
Santalahti sind IT-Beschäftigte keine verdorrten Computerbesessenen.

Der sich innerhalb von 10-15 Jahren weithin verbreitete Witz per
Textnachricht und Email erfreut sich unter den IT-Leuten großer Beliebtheit.
Nach Meinung von Santalahti wäre es unverständlich, wenn dieser
Witze-Verkehr eingeschränkt würde. Eine derartige Diktatur würde die
Kreativität abtöten, die man beim Entwickeln von Adaptionen braucht.

* Ein Käufer kommt in einen Laden für Gebrauchtwagen:
- Ich würde gern ein gutes und ein billiges Auto wollen.
- Das paßt: bei uns findet sich beides *


Gemäß dem Ausbilder für Humor handelt es sich bei Situationskomik und
bei Insider-Humor um gutartige Spezies. Zu den guten Arten wäre auch der
schwarze Humor zu rechnen, mittels dem Ängste abgebaut werden. Die
Bosse stellen immer das wichtigste Verreiß-Potential dar, und in umso
schwärzeren Wortwendungen, je steifer die Atmosphäre.

Schlechter Humor am Arbeitsplatz ist ein Sinn für Witz, der sich auf
die Ausübung der Macht und andererseits auf Sexualität, auf physische
Charakterzüge oder auf die ethnische Herkunft bezieht.

Nicht ganz so gut sind oft auch die Späße auf Kosten von Neulingen, die
mit der Tradition des Berufsstands zu tun haben, die allzu heftig
ausfallen können. Die Verulkung von Neulingen ist selten geworden. In
früheren Jahren konnte ein Setzermeister einen Buchdrucker-Lehrling
losschicken, runde Häubchen fürs Å, die angeblich ausgegangen wären, in der
Eisenwarenhandlung holen zu gehen.

Der Automonteur Tuomas Glückert von der Firma Autoland in Turku
erzählt, daß der in seine vierjährige Arbeitslaufbahn fallende Besitzerwechsel
für ausgezeichneten schwarzen Humor gesorgt hat.

- Über die Verhandlungen zu den Arbeitsverträgen wurde galgenvogelmäßig
hergezogen, und wenn ein Arbeitskumpel irgend einen Brief bekam, hakte
gleich ein anderer ein: "Das dürfte wohl deine Lohnsteuerkarte sein".
Doch war das Ende der Geschichte im Autoland zum Glück das beste, was
passieren konnte: niemand mußte reisen.

Jetzt pflegt Glückert im normalen Alltag vor allem mit dem Monteur
neben ihm den Humor, und etwas humorvoll Lustiges läßt sich an allen Ecken
entdecken, von der Führungsetage angefangen.

- In einer männerdominanten Branche handelt es sich bei den Geschichten
oft um Lustiges des unteren Körpererbereichs. In der Brotzeit-Gruppe
treten die Dummheiten, die in den Köpfen stecken, alle hervor, und aufs
Wochenende hinzu kann das schlimm werden. Am Freitag um 14 Uhr kann es
dort sehr ausgelassen zugehen, wie der redselige Monteur klarmacht.

Über Autos werden nur recht wenige Witze gemacht, in erster Linie etwa
zu Fabrikdefekten bei Ford-Modellen.

* Ein Chirurg redete beruhigend auf den Patienten ein:
- Das wird jetzt schon das dreißigste Mal, daß ich die Operation mache.
Einmal wird sie denn doch von Erfolg sein *


Gelegenheiten für Humor gibt es am häufigsten auf solchen Arbeiten, in
denen man mit Kunden zu tun hat. Also auf der des Händlers, der Polizei
und des Arztes.

Im Café der Tageschirurgie auf Block T im Krankenhaus der Technischen
Hochschule von Helsinki (Tyks) wird erzählt, daß bei ihnen die Patienten
während der Operation im allgemeinen wach sind, so daß man die
Angebrachtheit einer humorvollen Geschichte an der Aura des Patienten
wahrnehmen kann. Wenn die Geschichten gut einschlagen, haben alle einen Nutzen
davon.

- Ein tolles Feeling, den Patienten zu beruhigen, und dabei braucht man
dann auch weniger schmerzstillende Mittel, sagt die Krankenpflegerin
Marjut Mertsola.

Laut Forschungsberichten würde der größte Teil der Klienten bei der
Gesundheitsbetreuung, im besonderen die Männer, mehr Humor sich bei den
Begegnungen mit den Ärzten wünschen. In den Vereinigten Staaten wurde
beobachtet, daß mit humoristischen Info-Packages für eine größere
Operation ausgerüstete Patienten schneller genesten als solche, die ein
trockenes Material zur Sache bekommen hatten.

Der Humor innerhalb des Pflegepersonals im Tyks ist abwechslungsreich.
Je anspruchsvoller die Arbeit, desto wüster die Geschichten. Gemäß der
Ärztin für plastische Chirurgie Tarja Niemi ist der Humor auf der
Notfall- und auf der Intensivpflege-Station und im Operationssaal am
kernigsten und es gibt mehr davon als auf den Betten-Stationen.

Laut Niemi hat die Arbeit im Team das Klima freiheitlicher werden
lassen, indem es die Standesunterschiede zwischen den Ärzten und den
Pflegern abgeflacht hat. Keiner im Team braucht sich klein vorkommen und still
sein.

- Die Auszubildenden erzählen immer noch keine Witze, aber die
Krankenpfleger verstehen, daß dies auch wiederum nicht so eine ernste Sache
ist, und die Medizinabgabe-Überwacher, diese erst können Witze erzählen!

Es besteht kein Mangel an Witzen in der Branche.

- Chirurgen haben ein so gutes Selbstbewußtsein, daß sie es
fertigbringen, über sich selbst zu witzeln und sich solche Witze anzuhören, wie es
Niemi sieht.

* Ein junger Mann bewarb sich in einer Fabrik für einen Sommerjob, und
der Chef wunderte sich über seinen Lohnwunsch:
- Für einen Anfänger forderst du aber einen wahnsinnig hohen Lohn.
- Mag sein, es ist aber die Arbeit auch viel schwieriger, wenn man noch
von nichts was versteht *


- Das Auftreten von Humor ist ein Zeichen dafür, daß die
Arbeitsgemeinschaft funktioniert, sagt die Chirurgin.

- Wenn man bei der Arbeit in Eile ist, und irgendeiner läßt einen
lustigen Lästerspruch vom Stapel, und sei's nur über die Angespanntheit, in
der man steht, fühlt man sich gleich besser, das befreit, wie es der
Fließbandmonteur von der Tablettenverpackungsstelle beschreibt.

- Es schafft eine Belustigung und gibt die Möglichkeit, für einen
Augenblick von den Angelegenheiten der Arbeit abzuschalten. Sich auf den
Humor zu verlegen, ist auch eine Art, wenn man schwierige Dinge anzugehen
hat, sagt der IT-Sachkundige.

- Es schafft frischen Wind, man leistet dabei mehr, wie es der
Automonteur auf den Punkt bringt.

Dem Ausbilder für Humor Karvinen zufolge ist Humor am Arbeitsplatz ein
sozialer Klebstoff, der die Gemeinschaft zusammenfügt - obwohl er sie
manchmal auch auseinanderbringen kann: wenn eine Gruppe hinter einem
Divider am Kichern ist, denkt vielleicht jemand davor, daß nun über ihn
oder sie gelacht wird.

Karvinen hat von Arbeitgebern gehört, die das Lachen verboten haben,
aber nach seiner Meinung sollten die Chefs das Lachen bei der Arbeit als
ein gutes Zeichen auslegen und lernen, auch über sich selbst zu lachen.
Der Humor fördert den Lauf der Arbeit.

- Lachen ist beruhigend und befreit: 20 Sekunden Lachen entsprechen 3
Minuten Joggen. Darauf basiert zum Beispiel der Yoga des Lachens, bei
dem gar kein allgemeiner Sinn für Humor verlangt ist, wie Vesä Karvinen
weiß.

RITVA SETÄLÄ

Ja nur sich nicht genieren, herauszuragen, um der Menschheit etwas gutes zu tun!

Der Ton, der das Spiel angibt

(eine Kolumne vom 3. Mai 2007 aus dem Partei-Blatt der Grünen von
Finnland 'Grünes Garn' [vihreä lanka], übersetzt aus dem Finnischen)


Die Redakteure Leena Sharma und Ville Blåfield veröffentlichten vor
kurzem das Buch "Wer sich auf ein Spiel einläßt... Die Gier nach Publicity
und ihr Preis" (im finnischen Original "Ken leikkiin ryhtyy... Julkisuuden himo ja hinta"). Darin erzählen bekannte Politiker und Profis aus
der Unterhaltungs- oder Kunstbranche, die in der Öffentlichkeit ihre
Privatsphäre - entweder freiwillig oder angesichts eines Zwangs -
offengelegt haben, von ihren Erfahrungen.

Etliche Dinge kamen bei fast allen Interviews an die Oberfläche: in der
Zeit während der letzten zehn Jahre ist man in immer schnellerem
Rhytmus zusehends mehr vom sachlichen Journalismus, bei dem der Inhalt im
Mittelpunkt steht, abgeglitten auf das Niveau von Geschichten, die rein
der Unterhaltung dienen, für die das Leben privater Personen
durchgehechelt wird. Zugleich haben Verbitterung und ärgerliche Erfahrungen
zugenommen, darüber, daß eine Privatperson nur zu einem Teil die Publicity,
die um die eigene Person betrieben wird, kontrollieren kann.

Die dritte, vielleicht traurigste, in den Interviews wiederholt
hervorgetretene Sache ist die, daß es in der heutigen Zeit der Tenor des
Spiels wäre, daß es nun mal ist, wie es ist, und daß niemand etwas dagegen
an kann.

"Der spielangebende Ton" bestimmt, daß, wer beschließt, an die
Öffentlichkeit zu gehen, dann auch, ohne zu murren, das Gesabbere, die
Geschichten hinterm Rücken, die Kritik, und eine radikale Schmälerung der
Gewährleistung der Privatsphäre in Kauf nehmen muß. Eine Person, die in der
Öffentlichkeit steht, genießt so gar, vom Gesetz her so bestimmt, eine
schwächere Gewährleistung der Privatsphäre als ein gewöhnlicher Bürger. In
Kapitel 124, Paragraph 8 des finnischen Strafgesetzes wird
festgestellt, daß man über das Privatleben einer Person, die mit einem Amt oder
einer Tätigkeit in der Politik, im gewerblichen Leben oder auf dem
öffentlichen Sektor betraut ist, schreiben darf, wenn die Präsentation
vonnöten ist, um eine gesellschaftlich belangreiche Angelegenheit
aufzuarbeiten.

Das Kommittee fürs veröffentlichte Wort, das die Einhaltung der
Richtlinien für Journalisten überwacht, hat die Menschen in drei Gruppen
aufgeteilt, mittels derer sich, grob verallgemeinernd, der Grad der Gewährleistung der Privatsphäre eines jeden bestimmen läßt. Zu Gruppe A zählen die
hervorstehenden Machtausübenden im Feld von Politik, Verwaltung und des
Geschäftslebens, Gruppe B hingegen setzt sich aus den Personen unter den
Zeitgenossen zusammen, welche Auftritte in der Öffentlichkeit abhalten,
die hauptsächlich also im Kulturgeschäft oder in der
Unterhaltungsbranche beschäftigt sind, und in der Gruppe C sind die gewöhnlichen Bürger.
Gruppe A hat natürlich am wenigsten Privatsphären-Deckung, C am
meisten.

Man kann verstehen, daß Politiker und Künstler verschiedenen Kategorien
zugerechnet werden. Das Gesetz und die Grundsätze des Kommittees fürs
veröffentlichte Wort zielen, so wie ich es verstehe, daraufhin ab, daß
eine Person, die gesellschaftlich Beträchtliches ausrichtet, auch
öffentlich für sich gerade zu stehen hat.

Von einem Menschen, der eine politische oder gewerblich
unternehmerische Machtstellung innehat, darf man auch ein verhältnismäßig
einwandfreies Auftreten erwarten, und, dieses im Rahmen des guten Geschmacks zu bewachen, muss auch eine der Aufgaben der Medien sein. Daraus ergibt sich
die Frage, was für eine Macht die Kulturschaffenden, wie z.B. die
Künstler, haben, und was deren relevante Art sein könnte, dafür gerade zu
stehen.

Neben dem Schaffen von Werken und Inszenierungen und der Einnahme von
Positionen durch diese, könnte man das Künstlertum im weiteren Sinn auch
als kulturelle Einflußnahme definieren. Wenn wir eine Machtstellung
haben, so kommt diese gerade von daher, daß die Medien es sind, die uns
ein öffentliches Forum bieten, um unsere Anschauungen unter die Leute zu
bringen.
Aber ist eine Schwächung des Schutzes für die Privatsphäre der rechte
Preis für eine solche Position von 'Was-zu-sagen-haben'?

Ein Künstler, ganz im Gegensatz z.B. zum Premierminister, hat das
Recht, ja sogar die Pflicht, sich zum Clown der Gesellschaft machen zu
lassen, diszipinlos und unmäßig zu sein. Geht der Wachhund der Machthabenden
wohl begründeten Prinzipien nach, wenn er, ohne einen Augenblick
schlapp zu machen, auch die Tadellosigkeit der Gruppe B im Visier hat?

Das Buch "Wer sich auf ein Spiel einläßt" ist meines Erachtens eine
besonders willkommene Gedankeneinführung für eine breitere Diskussion über
die Prinzipien des Journalismus und dessen Ausrichtung. Das Hinnehmen
des Tons, der das Spiel angibt, samt Haut und Haaren, ist keine
Unabdingbarkeit.

Publicity ist für einen Großteil der Personen, die an der
Öffentlichkeit stehen, nicht nur eine Schiene, um seine narzistischen Bedürfnisse zu
befriedigen, und oft genug nicht mal die eigene Wahl, sondern eine vom
Beruf mitgebrachte Sache. Ich wünsche mir, daß die Diskussion um die
Prinzipien der Gewährleistung der Privatsphäre möglichst lebhaft bleiben
und dahin führen würde, daß zwischen Personen des öffentlichen Lebens und
den Medien keine noch größere Verbitterung als wie jetzt entstünde.

ELSA SAISIO

die Kolumnen-Schreiberin ist eine freischaffende Schauspielerin aus Helsinki

Ein Pflug geht durch das Feld der Gesellschaft, um es für die Aussaat der neuen, allem Geld abschwörenden Zeit erst mal aufzulockern

UnIteD sTaTes of CacoPHonY

« ein Bericht aus dem April '07-Heft des finnischen Untergrundblattes
Voima (Power), übersetzt aus dem Finnischen »


Zur Mitte des letzten Jahrzehnts kam es Chicken John, einem Meister des
Punk, in den Sinn, eine herumziehende Künstlertruppe zu gründen, den
Circus Redickuless.

Der gute Herr dürfte am ehesten von seiner Karriere
als Gitarrist bei The Murder Junkies, der Background-Band des
berühmt-berüchtigten Punkers GG Allin, her bekannt sein.

Für den Zirkus wurden Performer aufgeboten wie der Unglaubliche Jarico
Reese - ein unbegabter Magier, Speed-Metal-Stepptänzer, ein Wunderhund
Unglaublicher Dammit, der durch den Ring nicht hüpfen wollte, ein
Schleimiger Vegetariertyp, der Lange Lulatsch (dessen unglaubliches Talent
es war, recht lang zu sein), sowie ein Sprechender Mimiker.

Diesen kulturellen Mißklang auch weit und breit hinauszuposaunen, dafür
trug das US-amerikanische Kombo-Kollektiv der absonderlichen Menschen,
The Cacophony Society, mit Chicken John als Kapellmeister, die
Verantwortung. Worum handelt es sich genau?

Ich schicke eine Email an Sebastian Melmoth nach San Francisco. Melmoth
ist einer der Gründerfiguren von The Cacophony Society. Nach seiner
Analyse war der Zirkus Redickuless "ein Haufen dahinrottender, verlogener,
verbrecherischer und geistig zurückgebliebener, autistischer Clowns."

"Wenn solchen Typen das Essen ausgeht, ist man am besten auf der Hut:
sie essen dir deine Katze auf. Das einzige vernünftige und halbwegs
begabte Mitglied in der Schar von wirrköpfigen Herumtreibern war der
manische australische Kuhhirtenhund."

Die Kakophonisten, die irgendwo zwischen Terroristen sozialer
Situationen und überemsigen Straßenkünstlern anzusiedeln sind, verursachen
Heiterkeit und Verdruß, wo immer sie auftreten, in erster Linie an
verschiedenen Orten der Vereinigten Staaten.

Die Art von Aktivität geht auf die unruhigen 1970er zurück. Melmoth hatte im
Jahre 1977 in San Francisco eine "Geheimgesellschaft" ins Leben
gerufen, deren Name The San Francisco Suicide Club lautete. Melmoth erzählt,
daß es ein Ziel der Mitglieder war, "jeden Tag so zu leben, als wenn es
unser letzter wäre."

Zu den Aktionen gehörte unter anderen das Erforschen von verlassenen
Immobilien und Tunneln, ein Straßentheater, sowie das Einfallen als
Zaungast bei Orgien. Der Selbstmörder-Klub stellte seine Tätigkeiten im
Jahre 1982 ein.

Vier Jahre später sehnten sich sechs Typen nach den alten Zeiten und
beschlossen, einen neuen Verein auf die Beine zu bringen. The Cacophony
Society
wurde geboren. Sebastian Melmoth war es erst einen Monat nach
deren Gründung gegeben, sich den Kakophonisten anzuschließen, nachdem er
von einer Ausbüchstour zurückgekommen war.

"Meine von mir geschasste Freundin jagte nach mir mit der Absicht, mit
der Büchse mit mir abzurechnen: ich weiß, daß es barbarisch und ach so
amerikanisch ist, aber eine Büchse ist immer noch wirksamer als ein
Tranchiermesser oder eine Holzkeule oder was ihr Nordeuropäer sonst so
benutzt."

Die Aktionen weiteten sich von der West-Küste auf das ganze Land
aus, aber auch außerhalb Nordamerikas kann man Vereinigungen antreffen. Es
ist ein leichtes, sich der Kakophonie anzuschließen: Anführer, eine
Organisation oder Regeln gibt es keine. So lautet denn auch das Motto:
"You may already be a member," du könntest vielleicht schon Mitglied sein.
Jeder, der an urbaner Allerwelts-Performance-Kunst interessiert ist,
kann einen eigenen Verein aufstellen.

"Oh ja, wer immer es auch ist, egal wie versifft, stinkend,
ungemütlich, fragwürdig oder von seinem Verstand her zurückgeblieben einer ist,
jeder kann seinen eigenen Ablegerverein starten. Meine Botschaft an die
Menschen ist, holt euch das Leben heim - eine Art, sich es zu holen, ist
die Gründung eines eigenen Cacophony-Vereins. Ich tat das gleiche, und
das ist der einzige Grund, warum überhaupt jemand mit mir spricht!"

The Cacophony Society spielt mit den Werten der Gesellschaft und mit
den Bedeutungen, die man sich angewöhnt hat, weigert sich aber, sich an
irgendwelche Zielsetzungen festzubinden.
Nach ihrer eigenen Charakterisierung sind die Kakophonisten ein
zufällig zusammengestelltes Netzwerk von freien Seelen, die das Bestreben
verbindet, Erfahrungen jenseits der Mainstream-Kultur zu suchen.

Man machte sich zum Beispiel auf, nach solchen zu haschen, indem man
einen Osterhasen gekreuzigt, Bingo auf einem Friedhof für Haustiere
gespielt, oder eine Wanderung zur Golden Gate-Brücke unternommen hat.
An den Aufführungen darf wer auch immer teilnehmen, wenn man nur
genügend verrückt ist, um dabei mitzumachen
.

Etwas für den Zyniker

The Cacophony Society ist ein Klub für Taugenichtse, die die
Gesellschaft meiden, deren Mitglieder alle anscheinend zuviel Zeit oder zu wenig
richtige Sorgen haben. Aber kann man bei dem Remmidemmi auch Anklänge
an dadaistische Kunst entdecken, die das Niveau einer Hochkultur
erreichte?

"Nein," gibt Sebastian Melmoth zur Antwort. "Dadaismus setzt eine
intelligente Kraftanstrengung voraus. Seinerzeit versuchten wir freilich
auch, auf das hinzuzugehen, aber im Endergebnis blieb uns nur eine
schlimme Begeisterungslosigkeit davon zurück. Am nähesten von Kunst kamen wir
mit unserem PottyCon-Happening, bei dem wir, neben anderen koprophilen
Ausgelassenheiten, die Wände des Ausstellungsraums mit Exkrementen
verschmierten."

Was ist nach Meinung von Sebastian Melmoth, der alles mit angesehen hat
(dessen Name zufällig auch das Pseudonym von Oscar Wilde war) als
dessen bemerkenswerteste, kulturaufstörende Errungenschaft zu verzeichnen?

"Meine Eltern davon zu überzeugen, daß ich ein verantwortungsbewußt
funktionierendes Mitglied der Gesellschaft bin. Huh, das war schwierig!"

VELI KOSKINEN
against enslaving

Eine Welt so ganz ohne Geld

"Benefits Supervisor Awakening" für Menschen, die durch und durch Mensch sind und nicht mehr länger ums Goldene Kalb herumtanzen wollen

mit vielen Überraschungs-Effekten:

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Musikalisches


Amy Martin
Day of Reckoning

Pekka Pohjola von der finnischen Jazz-Rock-Band Wigwam, verst. im Nov. 2008
Pressure

Wird das arme Sparschweinchen schon irgendwo auf der Welt in seine wohlverdiente Freiheit entlassen?

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* * *

"Nachrichten allein bedeuten gar nichts. Man braucht Autoren, die sie deuten können." — Helmut Schmidt

Wie lange sind wir schon mit dabei?

Online seit 6783 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 21. Okt, 16:19

Immer mehr sind fürs Geldabschaffen!

Ein Paradies auf Erden kann es geben

aber nur wenn es das Geld nicht mehr gibt. Packen wir's an, es wegzupacken!